Was macht ihr Leben hell?

"Glaubt an das Licht,

solange ihr‘s habt, damit ihr Kinder des Lichts werdet.“

Licht. Dieser Satz - ein Ausspruch aus dem Mund Jesu - scheint so gut in die Advents- oder Weihnachtszeit zu passen. Passt er auch. Einerseits. Andererseits ist aber zu bedenken, dass er ursprünglich in einer ganz anderen Situation gesagt wurde. Karfreitag. Kurz nach dem sog. Einzug Jesu in Jerusalem, und damit kurz vor seinem Tod, sagt Jesus diese Worte.
„Solange ihr es habt!“ Damit weist Jesus - zumindest für die nachösterliche Leserschaft erkennbar - auf sein baldiges Ende hin.
Er, der dann noch von sich sagen wird, dass er als ein Licht in die Welt gekommen ist, damit „wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe“, er, der gesagt hatte, das er das „Licht der Welt“ sei, er sagt - kurz bevor sein „Licht“ ausgeht, dass man an das Licht glauben soll, damit man zu einem Kind des Lichts wird.
Licht. Finsternis. Hell. Dunkel. Das sind Kontrastpaare, die Jesus, soweit uns der Evangelist Johannes von ihm berichtet (andere Evangelisten legen einen anderen Schwerpunkt), mag. Dualismus pu. Hier hell. Dort dunkel. Hier Licht. Dort Finsternis. Mit dem Jesus des Johannesevangeliums kann man keine Grautöne malen. Da ust es entweder so oder so. Dazwischen gibt es nichts.

Vielleicht ist das eine heilsame und auch herausfordrende Licht-Botschaft in einer adventlichen und weihnachtlichen Zeit, die vor lauter Süßigkeit und klebriger Zuckergußmasse kaum noch zum Eigentlichen der christlichen Botschaft zu Weihnachten durchdringen kann.
Man braucht niemandem einen Vorwurf daraus zu machen, dass Weihnachten zu einem süßen, klingenden, vor Nettigkeiten strotzenden Fest geworden ist.
Wir alle machen ja mit.

Lichterketten und Kerzen überall. Vielleicht sollen damit manche Grautöne übermalt werden. Bewusst oder auch unbewusst. Manches Dunkle soll wenigstens für ein paar Tage vergessen werden. Das ist verständlich.

Wenn Weihnachten auf ein Lichterfest reduziert wird, welches für innerliche und äußerliche Annehmlichkeiten bei allem Dunklen in Gesellschaft und Welt sorgen oder sogar darüber hinwegtäuschen soll, dann ist Weihnachten jedoch zu wenig.

Der, der hier vom Licht spricht, der spricht mitten auf seinem Leidensweg, auf dem Weg zum Tod, vom Licht. Licht und Finsternis gehören im Leben zusammen. Auch gläubige Menschen haben ihre Schatten. Auch gläubige Menschen müssen Dunkles erleben. Jesus ermutigt seine Leute zum Glauben. Mitten in allem Schweren sollen sie - wie er - „Kinder des Lichts“ sein.

Das kann man nicht einfach so aus sich selbst. „Licht sein“, „Kind des Lichts sein!“ Um Kind zu sein braucht man einen Vater. Und eine Mutter. Man braucht Lebensquellen, Lebensursprung. Man muss wissen, woher man kommt. Welche Wurzeln man hat, woraus man sich speist.
Die auf der Grafik gestellte Frage: „Was macht ihr Leben hell?“ ist damit auch eine Frage nach dem Ursprung des Hellen. Wenn man mit einer gewissen theologischen Weite an die Frage herangeht, dann wird man alles Helle, alles Schöne - ja, auch die weihnachtlichen Helligkeiten, die dem einen oder der anderen zu zuckersüß erscheinen - dankbar aus Gottes Hand nehmen. Gott, der „Vater des Lichts“ ist der Ursprung alles Hellen, alles Lichten, alles Klaren.

Das ist eine ziemlich eindeutige biblische Botschaft: Da, wo Gott ist, da ist es hell und klar. Das gibt es nichts Dunkles an sich (auch wenn man Dunkles erleben muss). Gott will das Helle und Klare. Weil er helle ist. Und klar. Gott möchte, dass alle Menschen ohne Dunkelheiten leben. Und schon gar nicht in der Finsternis.

Die Antwort auf die Frage: „Was mcht ihr Leben hell?“ kann dann also eine erste Antwort, ein erster Hinweis auf Gott sein. Dort, wo mir Helles und Freudliches, Klares und Schönes begegnet, da ist Gott am Werk. Manchmal werde ich, wenn ich das dankbar feststellen und glauben kann, strahlen wie der alte Mann auf dem Bild. Manchmal wird - auch wenn mir Helles begegnet und ich dies sogar Gott zuordnen kann - mein gesicht dennoch dunkel bleiben. Dunkel angesichts des Schweren, das ich dennoch erleben muss.


Ein „Kind des Lichts“ kann ich dennoch sein. Ganz gleich ob strahlendes oder truriges Gesicht. Denn ich werde mir den Glauben nicht nehmen lassen, das das Licht, dass Jesus Christus, sich zum Schluß doch durchsetzen wird.

Deswegen ist es auch nicht das Schlechteste, wenn man an Weihnachten auch an Karfreitag denkt. Das sah ja ziemlich finster aus. Am Karfreitag. Und an den Folgetagen. Bis zum Ostermorgen. Da durchbrach das Osterlicht die Finsternis.