Jannis Maus startet durch in die Zukunft

Ägypten, Abi, Abflug: Jannis Maus startet durch in die Zukunft.  

 

Der mehrfacher internationaler Titelträger im Kitesurfen, Jannis Maus, steht mit beiden Beinen im Leben. Und vor seiner Zukunft. Der gebürtige Oldenburger ist gerade volljährig geworden, hat sein Abitur in der Tasche und weiß, was er will: „Den Sommer über werde ich kiten und an verschiedenen Wettkämpfen teilnehmen, im Herbst mache ich einen Pilotentest bei der Lufthansa, dann möchte ich meinen Skilehrerschein machen, als Skilehrer arbeiten, vielleicht noch ein paar Wochen zum Kiten und Materialtesten nach Hawaii und dann hoffentlich Anfang des nächsten Jahres am zweiten Pilotentest teilnehmen.“
Er spricht ganz sachlich und ohne jeglichen Stolz von dem, was er bisher erreicht hat und wovon er träumt. Jannis Maus, ein sympathischer junger Mann, der dankbar auf sein bisheriges Leben zurückblickt. Und er strahlt Vorfreude aus. Auf das, was kommt.

Dankbar ist er für seine Familie. Er kann sich nicht daran erinnern, dass es jemals etwas gab, bei dem seine Eltern ihn nicht unterstützt haben. Sie haben ihn gefördert und ihm Erlebnisse ermöglicht, von denen andere Kinder und Jugendliche vielleicht nur träumen können.
Zum Beispiel das ausgiebige Skifahren. Jannis’ Vater, selbständiger Unternehmer in Oldenburg/i.O, arbeitete jahrelang in der Wintersaison als Ski- und Snowboardlehrer in Garmisch-Partenkirchen.  Viele Wochen seines Lebens verbrachte der aus dem norddeutschen Flachland stammende Jannis am Fuß der Zugspitze. Im Alter von drei Jahren stand er zum ersten Mal auf Skiern. Kein Wunder, dass Sport für ihn ganz selbstverständlich zum Leben gehört: Fußball, Judo, Snowboard, Kickboxen und Handball hat er nicht nur ausprobiert, sondern intensiv betrieben. Neben dem Kitesurfen ist Handball seine zweite Leidenschaft: „Das Gute an Handball ist unter anderem, dass man den ganzen Winter über spielen kann. So halte ich mich fit!“

Handball im Winter bedeutet nicht, dass Jannis in der kalten Jahreszeit mit dem Kitesurfen Pause macht. Auch bei niedrigen Temperaturen ist er regelmäßig, meistens gemeinsam mit seinem Vater, auf dem Nordseewasser vor der Küste in Hooksiel bei Wilhelmshaven zu sehen.

Er schätzt die Vielseitigkeit des Spots: „Meistens haben wir guten Wind, man kann schon frühzeitig im Priel fahren. Die anderen Kiter am Spot sind nett und hilfsbereit!“  Kommt man als Kiter oder Tourist an den Strand von Hooksiel, so erkennt man  Jannis  auf Anhieb: Mit einem Kite seines Sponsors North am Himmel, fährt er weit draußen wie auf Schienen durchs Wasser. Selbst beim Training ist seine Geschwindigkeit und das Handling des Raceboards beeindruckend.  „In Hooksiel kann ich bestens Racen üben. Ich genieße dann das Spritzwasser und das Tackern des Boards unter meinen Füßen“.  Verschmitzt fügt er hinzu, dass er sich auch freut, wenn die Wiese einmal überflutet ist. Dann gleitet er über das Flachwasser  vor dem Deich.  Nur die Tiede ärgert ihn. „Da kann man aber nichts machen, außer in die Karibik ziehen!“

Das wird er vermutlich aber nicht tun. Der Oldenburger ist, auch wenn es ihn des öfteren ins Ausland zieht, im bestens Sinne des Wortes heimatverbunden. Oldenburg ist für ihn die perfekte Stadt: Nah am Wasser, eine gute Uni und „nicht so ein Dorf“.  In riesigen Großstädten möchte er nicht leben. „Oldenburg hat die perfekte Größe.“


Die Welt des Kitesurfens lernte Jannis vor sechs Jahren kennen. Auf dem Ijsselmeer in den Niederlanden und auf Mallorca lernte er mit 12 Jahren Kitesurfen. Mit 14 nahm er zum ersten Mal an der Kitesurftrophy, der deutschen Meisterschaft im Kitesurfen, teil und belegte auf Anhieb den dritten Platz in der Race-Disziplin. Die Kontakte zu Familie Gruber in Bayern führten dazu, dass Jannis in seinen Anfangsjahren das gebrauchte Material seines Freundes Florian Gruber, einem der international führenden Kitesurfer, kaufte, um selbst voranzukommen. 2011 wurde Jannis dann von der Firma North, einer der führenden Kite- und Boardhersteller, als Teamrider angefragt.

„Mit dem Material bin ich super zufrieden. Für jede Kitesurfart haben die einen Kite, ich kann mir ideale Board- und Kite-Kombinationen zusammenstellen und mit dem hochwertigen Material fühle ich mich beim Race, aber auch beim Freestyle, in der Welle oder einfach beim Cruisen einfach nur wohl. Und sicher.“

Dass Jannis mit einem der besten Kitesurfer befreundet ist und bei Wettkämpfen regelmäßig gegen diesen antritt, sieht er ganz gelassen:
„An Land ist man der beste Freund. Vor allem bei der Kitesurf-Trophy merkt man das. Florian und ich helfen uns gegenseitig, wo wir können, was Kiteaufbau, Reparaturen usw. angeht. Auf dem Wasser sind wir dann erbitterte Gegner. Danach ist das aber sofort vergessen. Ja, wir sind da relativ locker und ich gehe davon aus, dass das auch so bleibt!“

Für Jannis ist die Gruppe der Kitesurfer, die sich bei Wettbewerben miteinander messen, relativ überschaubar. Zu den Racewettbewerben melden sich meistens um die 20 Teilnehmer an. Er selbst hat auch schon jüngere Teilnehmer motiviert, selbst an Rennen teilzunehmen. „In anderen Ländern sind die Teilnehmerzahlen höher . Die Italiener und Spanier sind gut am Start. Ich denke, dass Racen im Kommen ist. Man hat ja auch gut 50 Tage pro Jahr mehr Wind, weil für diese Disziplin auch weniger Wind ausreicht.“ Jannis stellt jedoch auch fest, dass bei etlichen Race-Fahrern der Trend zum Hydrofoil geht. „Das muss man wollen.“

Seit er nicht nur seine Familie, sondern auch noch einen guten Sponsor im Rücken hat, ist er noch häufiger am Reisen als sowieso schon.

2012 wurde er Vizeweltmeister im Kitesurfen/Race in der Alterklasse unter 18, 2013 dann Vizeeuropameister und Mitte Juni 2014 hat er in Ägypten, während seine Mitschüler ihre Abiturzeugnisse persönlich in der Schule abgeholt haben, den 3.Platz der African Championships belegt. 

Während seines letzten Schuljahres hat er die Reisen etwas eingeschränkt. Das kam seinem Abitur zugute. Mit einer eins vor dem Komma absolvierte er Bio, Mathe, Chemie und Geschichte.

Er freut sich über das gute Ergebnis, weiß, dass er auch ehrgeizig daran gearbeitet hat, wird aber nicht übermütig und wirkt schon gar nicht prahlerisch.

Dass er seit kurzem  auch volljährig ist, verändert für ihn kaum etwas. Auch nicht die Wettbewerbe. Von Anfang an hat er sein Bestes gegeben, ist bei den Kite-Rennen schon immer bei den „Herren“ mitgestartet und weiß daher, wie es ist, sich „mit den alten Füchsen zu messen“.

Einen großen Lebenstraum hat Jannis nicht. Wenn es mit der Pilotenausbildung nichts werden sollte, dann wird er Sport studieren.

„Doch: Glücklich sein. Das ist ein Lebensziel. Ich weiß, dass Gesundheit dafür sehr wichtig ist. Ohne Sport könnte ich nur ganz schlecht leben. Ich habe nicht den einen Lebenstraum. Aber es wäre schön, wenn ich mit dem, was ich habe und erlebe einfach zufrieden bin. Dass ich mein Leben leben darf, das ist es! Ja, irgendwann einmal einen sehr hohen Berg besteigen oder eine besonders lange Strecke kiten, das wäre schon klasse. Aber das tue ich dann für mich. Nicht, um in ein Buch zu kommen oder so.“

Zunächst einmal  liegen wieder einige Wettkämpfe vor dem Oldenburger. Die Kitesurftrophy mit den Stationen Sylt, Warnemünde und Fehmarn sowie die Europameisterschaft in Polen und der KitesurfWorldCup in Sankt Peter Ording.

Das Leben, das vor ihm liegt, wird Jannis mit beiden Händen anpacken und gestalten. Mit beiden Beinen auf dem Boden. Und auf dem Kiteboard.

Carsten Hokema/ ewigkite.de

 

(Dieser Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung von ewigkite.de in "Kitelife - Das Jahrbuch 2015" abgedruckt).