Juli 2012 - Pastor persönlich

 

 



Pastor persönlich



 

Vier Mails, die mich an inhaltliche Dinge erinnern, die ich noch erledigen muss,  liegen noch in meinem Postfach. Ob ich die bis Freitag alle „wegschaffe“

ist momentan fraglich. Ich werde es aber wenigstens versuchen. Freitagnachmittag rollt mein Sprinter samt Anhänger des BEFG Richtung Bretagne. Nett wäre es schon, wenn mein E-Mail-Account dann leer wäre. Bei zwei der vier Dinge muss ich mir aber echt einen Schubs geben, um mich an die Arbeit zu machen. Der Gedanke, dass es ja auch noch nach dem zweiwöchigen Urlaub gehen würde, ist verlockend. Dann gäbe es bis zum Urlaub keine inhaltlichen Anstrengungen mehr. Na ja, ich werde mich gleich mal an die Arbeit machen und sehen, wie es läuft.

Das vergangene Wochenende in Emden war echt schön. Campingluft liebe ich ja. Ein Drachenfest für eine Gemeinde ist allerdings anstrengender als die Teilnahme an einem „normalen“ Drachenfest. Unausgesprochen, manchmal platt angesprochen, wird mehr erwartet. Ewigkite.de soll – und das ist ja auch okay, wenn das so abgesprochen ist, was es in diesem Fall war – Programm bieten. Das ist auf anderen Drachenfesten eher nicht der Fall. Da sind noch x andere Drachenflieger, die für „action“ sorgen. Nun denn, ich habe mir zeitweise die Hacken abgelaufen, um Teenies, Jugendlichen und auch ein paar Erwachsenen Tipps und Tricks zum Drachenfliegen zu geben. Das hat mich schwer an GJW-Zeiten erinnert, als Dutzende von Kites mit Dutzenden von Teenies und Jugendlichen auf der großen Wiese in Norddeich unterwegs waren.

Die Predigt am Sonntagmorgen war anstrengend. In der Folge. Ich bin mir nämlich bis heute nicht sicher, ob ich nicht zu sehr vom Leder gezogen habe. Die Aussage, dass manche Leute Gemeinde für einen geistlichen Luxusliner halten, an dessen Sonnendeck sie einen geistlichen Cocktail nach dem anderen einnehmen wollen, finden vielleicht nicht alle so gut.
Würde ich vielleicht auch nicht gut finden, wenn ich mich gerade bei einem Open-Air-Gottesdienst gemütlich hingesetzt habe, um den Gottesdienst zu genießen. Na ja, ich bin gespannt, ob da noch was an Reaktionen nachkommt (die meisten Reaktionen hört man ja nicht; ist vielleicht auch besser so).

Genossen habe ich in Emden die tatkräftigen Leute, die für ein gelingendes Wochenende gesorgt haben. Die haben echt klasse angepackt. Genossen habe ich die wunderbare ostfriesische Landschaft. Da atmet meine Seele auf.
Weite. Wolken. Wind. Wellen. Windräder.
Am Montag musste ich dann dringend mal wieder selbst aufs Wasser.

Wenigstens 1 Stunde. Auf dem Weg nach Hooksiel fuhr ich hinter einem PKW her, der mehrfach Schlangenlinien fuhr. Knapp an der Leitplanke entlang. Ich habe die Polizei informiert. Und 25 Kilometer später – ich musste noch irgendwo irgendetwas irgendwie abliefern – bin ich dann an dem verunfallten PKW vorbeigefahren. Die Polizei hatte ihn offensichtlich verfolgt, jedoch nicht zum Anhalten bewegen können.

Das Geschehen steckte mir noch in den Knochen, als ich kurz danach meine Knochen ordentlich bewegt habe. Bester, wenn auch etwas böiger Wind in Hooksiel. Kaum Kiter auf dem Wasser. Geschwindigkeiten und Höhen mit der Speed 3, die für Adrenalinausschüttungen sorgten. Das tat gut.

So, und jetzt noch  drei Tage und vier inhaltliche Dinge bis zum Urlaub.

 

 

9.Juli

 

Was für eine Woche, was für ein Wochenende, das hinter mir liegt. Am vergangenen Donnerstag hatte ich einen herrlichen freien Tag. An der Ostsee. Mit Götz und Emmanuel. Ja, wir hatten unseren Spaß. Der Wind war zwar etwas labberig, aber er war die ganze Zeit „fahrbar“. Spät am Nachmittag kam dann auch die Sonne raus. Herrlich. Ostsee ist ja doch noch etwas anderes als Nordsee. Und so ein Deich mit vorgelagerter Wiese direkt am Kite-Strand ist schon nett. Ich hatte den ganzen Tag über beste Laune, denn – abgesehen von board-Wechsel – war ich unentwegt auf dem Wasser (und auch ein wenig an Land) unterwegs. Und meine 21er Speed 3 war den ganzen Tag in der Luft. Andere Kites waren kaum am Himmel zu sehen. Die Windstärke schwankte zwischen kleinem, mittleren oder Riesenboard. Einfach nur nett.

Spät abends dann noch ein Steak in Kiel und nachts dann wieder zuhause. Was will man mehr von einem freien Tag.

Am Samstag ging es dann nach Elmshorn zum 80.Geburtstag der Witwe meines ehemaligen Gemeinde-Kollegen. Die Zeit, die wir miteinander hatten, war sehr sehr prägend. Auch die Beziehung zu ihren Kindern, die ich selbst seit meiner Kindheit kenne, da unsere Eltern befreundet waren und sie sich hin und wieder gegenseitig besucht haben, ist eine Besondere. Ich habe mich also gefreut auf diesen besonderen Geburtstag.

 

Und es war mir geradezu familiär, als ich die Meißners alle sah. Auch, wenn ich ihr Gen nicht habe, so hat mich der Vater der Familie doch so sehr geprägt, dass ich mich manchmal als „Meißner“ fühle. Es war ein soooo schöner Tag. Normalerweise stehe ich ja nicht so sehr auf Familienfeiern. Diese war aber einfach nur rund. Die Jubilarin war glücklich. Und die Gäste wohl auch. Nette Gespräche mit der Tochter Antje, die ich seit 16 Jahren nicht gesehen habe. Und ein verzückter Blick ins Gesicht ihrer 12jährigen Tochter: Sie sieht ihrem Opa so ähnlich. Unglaublich. Und das Essen: Es war einfach nur der Hit. Fazit: Zwei wunderbare Tage in einer Woche. Und die Andacht, die ich für Grete gehalten habe, war wohl auch nicht die allerschlechteste. Meinten zumindest ein paar Leute. Und meine Frau, auf deren Meinung ich bei solchen Dingen am meisten Wert lege.

Es kam noch ein dritter wunderschöner Tag in dieser Woche: Der Sonntag. Auch wenn ich damit die insgesamt knapp 2000 Kilometer der Woche vollgemacht habe – und manchmal keinen Bock auf Autofahren mehr habe -, so kann ich nur sagen: Der Weg hat sich gelohnt.

Ich war in Grundschöttel, um meinen verehrten Kollegen Menno ter Haseborg zu „entpflichten“, d.h. mit Segen in den Ruhestand zu schicken.

Er bleibt Pastor. Jetzt aber im Ruhestand. Das liegt daran, dass zwar Dienstverhältnisse zu Ende gehen, Berufungen aber sicher nicht. Und Menno war und ist ein Vollblut-Pastor par excellence. Und: Er ist noch ein „richtiger“ Pastor. Er kann noch Theologie. Und Seelsorge. Und „Hirtenamt“. Er ist nicht einer dieser vielen allround-ich-kann-alles-Pastoren, deren Entertainment-Qualitäten und Kompetenzen im Umgang mit Medien manches Mal höher liegen als ihre Fähigkeit zu predigen. D.h. nicht, dass Menno keine Ahnung von Gegenwärtigem hat. In der Gemeinde wurde mir erzählt, dass er immer auf sehr aktuelle und ansprechende sowie auch auf kreative Weise gepredigt hat.

Und er hat sich für ein Sozialwerk ins Zeug geworfen, dass man über die geschäftsmännische Kompetenz nur staunen kann. Also: Ich mag den Menno sehr und habe ihn, wenn immer ich ihn gehört habe, auch wegen seiner theologischen Aussagen geschätzt. Und es war schon eine große Ehre für mich, dass er mich gefragt hat, den Gottesdienst zu begleiten. Ich habe mir während der letzten Woche auch große Mühe mit der Predigt gegeben. Ob sich das gelohnt hat, das weiß ich nicht. Aber: Freude hat es mir gemacht. Und das Menno-lächelnde Gesicht bei einigen Aussagen der Predigt werde ich so schnell nicht vergessen. Ach ja, es war einfach schön.

Und als ich Menno so im Rahmen des Gottesdienstes (eine große Gemeinde, die es echt drauf hat; tolle Musik, lockere Leitung, unverkrampfte Athmosphäre) sah, da wurde ich auch ein wenig wehmütig. Ja, er ist noch so ein richtiger Gemeinde-Pastor. Das spürt man ihm ab. Das bin ich seit einigen Jahren nicht mehr. Und es scheint so, als ob ich es im Moment auch nicht mehr sein kann. Im Moment zumindest. Vielleicht kommt das ja mal wieder. Im Moment bin ich allerdings ein Überregionaler, der mal hier mal dort und damit auch etwas heimatlos ist.

Das ist so. Das hat Vor- und Nachteile. Versuche ich also, mich im Laufe dieser neuen Woche mich über die Vorteile zu freuen.

Und denke dabei auch gerne an die vergangene Woche zurück.

 

 

 

2.Juli

The Amazing Spiderman. Nie hätte ich gedacht, dass ich mir jemals einen solchen Film anschaue. Ich bin nicht der Typ von Mensch, der sich solche

 

Filme anschaut. Bisher nicht. Realitätsnahe Filme aller Art, das ist das, womit ich groß geworden bin. Science Fiction oder irgend eine andere Art von Fiction war komplett außerhalb meines Sichtfeldes. Und schon gar nicht irgendwelche Kriegs- oder Ballerfilme. Kinobesuche gehören wirklich nicht zu meinen regelmäßigen Terminen. Um so interessanter und auch unterhaltsamer war die Einladung eines Freundes, seinen Geburtstag mit zu feiern. Und lustigerweise tat er genau das, was sein Sohn ein paar Wochen zuvor auch gemacht hatte: Er lud seine Freunde ins Kino ein. Inklusive Popcorn und einem Kaltgetränk. Die Eltern sollten uns nach dem Film abholen.

5 Männer also im Kino. Alle mittleren Alters. Wenn man mittleres Alter ab etwa 40 definiert. Und wir alle hatten unseren Spaß. Unseren 3-D-Spaß. Den Film muss man gesehen haben. Ja, gut und böse. Ja, ein wenig abgefahren. Und doch nicht allzu übertrieben. Genmanipulierter Echsen-Mensch gegen spinnengestochenen Smartie-Highschoolstudent. Ich hatte von Spiderman bisher ja überhaupt keinen Ahnung (wer er ist, was er macht etc. pp). Jetzt würde ich mir glatt ein Spiderman-T-Shirt anziehen. Grins.
Nicht das ganze Wochenende war Kino. Samstag habe ich so vor mich hingedaddelt (Haus- und Hofarbeiten, ein wenig Schreibtisch) und am Sonntag waren wir bei unseren Freunden in Lüneburg. Auch sie haben drei Kinder. Unsere drei waren auch mit. Das war dann wieder ganz großes Kino. 6 Prachtkinder (auch wenn diese Einschätzung ein wenig einseitig sein mag). Ein Bild von vor 10 Jahren mit allen sechs Kindern  kam mir im Laufe des Tages immer wieder in den Sinn. Wir haben ein neues Bild gemacht: Alle Kinder im Türrahmen. Mensch, sind die groß geworden. Und ich/ wir alt.

Diese Woche ist ganz entspannt. Ich arbeite an einer Andacht zum 80.Geburtstag. Für Grete, die Witwe meines ehemaligen Kollegen in HH-Altona. Und ich arbeite an einer (kurzen) Predigt zum Gottesdienst anlässlich der Entpflichtung von Menno. Diese beiden Ereignisse gehen mir an die Seele. Das merke ich schon zu Beginn der Woche, an deren Ende diese beiden besonderen Tage stehen werden. Den Menschen, die einen geprägt und begleitet haben, ein „geistliches“ Wort sagen, das ist –zumindest für mich – schon eine ziemliche innerliche Nummer.
Ich habe mir vorgenommen, heute und morgen diese Andacht und Predigt fertig zu machen, damit ich den Rest der Woche innerlich nicht unter Druck stehe.

Wenn alles klappt, dann wird der Donnerstag auch noch ein sehr besonderer Tag. Mein freier Tag. Ein für mich aufregender Tag mit etlichen hundert Kilometern. Mal sehen, wie die Dinge sich entwickeln.

So, jetzt an die Arbeit ....