Unerforschliche Wege

„Wie unerforschlich sind Gottes Wege!“ Die Bibel. Römer 11,33.


Menschen aller Zeiten haben die Frage nach Gott gestellt. Gibt es ihn und wenn ja, wie ist er? Das Verlangen der Menschen, ihr Leben in einen weiteren Horizont zu stellen, ihrem Leben Sinn zu geben, hat nicht selten dazu geführt, dass Menschen sich – verständlicherweise -  ein Bild von Gott gemacht haben. Religion scheint dem Menschen im Blut zu liegen. Irgend eine Gottesahnung hat wohl jeder Mensch. 
Atheisten verneinen zwar Gott, aber wohl nicht das Bedürfnis des Menschen nach Halt, Geborgenheit und Sinn. Religionskritiker vergangener Jahrhunderte sprachen zu Recht von Projektionen und Wunschträumen oder davon, dass schwache Menschen sich eben einen Stärkeren einbilden, um mit dem Leben klar zu kommen. 
Diese Argumente haben ihre Berechtigung. Jede Religion und auch jeder Glaube muss sich auf den fragenden Prüfstand stellen lassen. Religionen und Glaubensüberzeugungen, die ignorant fundamentalistisch sind, schotten sich jedoch gegenüber jeder Infragestellung ab.
Der christliche Apostel Paulus hat ein gutes Fundament für seinen Glauben, ist dabei aber nicht fundamentalistisch. Er war einmal engstirnig und verbohrt, geradezu fanatisch. Doch das war in dem Moment vorbei, als er mit dem christlichen Glauben in Berührung kam.Nach wie vor ist er sehr überzeugt vom Glauben. Er weiß, wofür er steht. Er kann aber auch solche Sätze formulieren: „Wie unerforschlich sind Gottes Wege!“In seinem Brief an die Römer entfaltet Paulus sehr differenziert die Grundlagen des christlichen Glaubens. U.a. vertritt er die Überzeugung, dass es keinen Menschen gibt, der eine reine weiße Weste hat. Jeder Mensch hat seine Schwachstellen. Seine Schattenseiten. Seine Probleme, Sorgen und ungelösten Lebensfragen. Das lässt er auch für sich gelten.

Wenn Christen mit dem Anspruch auftreten, sie seien etwas Besseres oder besser als Menschen, die nicht an Christus glauben, dann sollten sie insbesondere die ersten Kapitel des Römerbriefes Wort für Wort studieren.
Nichtsdestotrotz vertritt Paulus sehr konsequent und überzeugend den Glauben, dass Gott sich in Jesus Christus „geoutet“ hat. Es gibt einen Gott. Davon ist Paulus überzeugt. Da vertraut er den berichten, die er von Zeitgenossen über Jesus gehört hat. Und: Gott ist genau so, wie er sich in Jesus Christus gezeigt hat. Auch Paulus hat sich sicher noch so Manches über Gott zusammen gedacht. Auch er war sicher nicht frei von Projektionen, Wunschvorstellungen und all zu menschlichen Gedanken, was Gott angeht. Wenn er aber aufs Wesentliche zu sprechen kam, dann kam er immer auf Jesus Christus zu sprechen. Dass der Glaube auch immer ein „Geheimnis“ bleibt, dass der Glaube nicht bis ins Letzte zu belegen oder gar zu beweisen ist, das macht Paulus u.a. dadurch deutlich, dass er von Gottes „unerforschlichen Wegen“ spricht. 
Bei aller christlichen Glaubensgewissheit bleibt etwas „Unerforschliches“. Christen haben eben nicht – wie im Comic geschildert – ein „göttliches Navigationssytem“ an Bord, welches sie bestens und ohne Blessuren durch alle Lebenslagen leitet. Der Glaube darf nicht ohne den Verstand gelebt werden. Sonst landet man im Wasser. Sonst macht man aufgrund eines falschen Gottesbildes („Gott zeigt mir jeden einzelnen Weg und ist zur Befriedigung meiner Lebenswünsche da.“) Gott auch noch verantwortlich für dümmliche oder missliche Lagen, die man sich selbst eingebrockt hat.
Der christliche Glaube lebt also einerseits von dem Vertrauen darauf, dass Gott sich in Jesus Christus gezeigt hat. Dass er sich in Jesus Christus den Menschen „vorgestellt“ hat, damit sie sich bzgl. der Gottesfrage kein (eigenes) falsches Bild von Gott machen. Der christliche Glaube lebt andererseits auch mit dem Wissen, dass Gottes Wege „unerforschlich“ sind. Dass man Gott eben nicht von A bis Z erklären kann oder ihn „in der Tasche hat“.
Wer an Jesus Christus glaubt, der von sich gesagt hat „Ich bin der Weg!“, der kann auch gut damit  leben, dass „Gottes Wege unerforschlich“ sind.Beides gehört zum Leben der Christen.Man weiß sich gut bei Gott aufgehoben und geborgen.Und manchmal fragt man sich dann doch, warum manche Fragen im Leben unbeantwortet bleiben.