Ruhige Römö-Runden

Ruhige Römö-Runden 

Ende Januar, Anfang Februar 2011. Die dänische Insel Römö liegt ohne Schnee im Winterschlaf. Die Nächte sind eiskalt. Tagsüber hingegen erklimmt das Thermometer manchmal sogar zweistellige Werte. Hin und wieder kämpft sich die Sonne durch die diesigen Wolken und wärmt wohlig. 

Ferienhäuser liegen verlassen wie Sand am Meer zwischen den Dünen. Nur aus wenigen flackert das Licht der Kaminöfen und Energiesparlampen. Menschen sind nur vereinzelt zu sehen. Dann meistens als Paar oder Kleinfamilie auftretend. Hin und wieder ein Auto auf den endlos erscheinenden Strassen der kargen Insel. Auch der Weg zum Strand ist in diesen Tagen einsamer als zu den Zeiten, wenn Gäste die Insel bevölkern. Einsame Wege. Strahlende Sonne. 

Ideale Tage zum Landboarden. Ich packe das Mountainboard, die Speed 3 15 und 21 ein und mache mich auf den Weg zum Südstrand. Kein, nicht ein Mensch ist auf dem endlos erscheinenden Strand zu sichten.

Auch kein Buggy-Fahrer, Strandsegler oder andere Drachenfans. Ich messe den Wind. 4 bis 6 Knoten. Das ideale Wetterchen für die 21er Speed. Weißes Tuch auf feuchtem aber festem Sandboden. Nur ein Hauch von Wind. Der Drachen erhebt sich gemächlich in die Lüfte. Er zieht mich über den kilometerweiten Strand. In die Einsamkeit.


Nach gut 5 Minuten habe ich die Wasserkante erreicht und drehe um. Einfach so. Platz ohne Ende. Und Ruhe. Unendliche Ruhe. 
Der Kite lässt sich noch anpowern. Einfach bestens einzustellen, dieser Riesenlappen. Da macht er selbst bei diesem lauen Lüftchen lustigen Lift. Da traue selbst ich mir einen Sprung zu. Mein erster Sprung mit Mountainboard. Und es geht. Sanfte Landung. Sanft gesteuert. Und sanfter Drachen.

Ein Sprünglein nach dem anderen folgt. Ich denke an meine Sprunggelenke und an mein Alter und lasse es nach gewisser Zeit dann doch lieber sein. Höhere Sprünge würden mich schon reizen. Für heute aber besser nicht. Denn ich habe nur einen Helm auf. Die restlichen Schutzklamotten liegen hunderte von Kilometern weit entfernt in meinem kalten Keller. Ein anderes Mal vielleicht.

Bis dahin genieße ich fast zwei Stunden am Stück das Cruisen. Einfach so drauf losfahren. Mal mehr mal weniger reinhängen. Mal gemächlich, mal mit Speed. Mit Speed 3 sowieso. Aber manchmal eben auch mit Geschwindigkeit. Geschwindigkeit mit Kite. 

Hin und wieder eine kleine Herausforderung. Wenn nämlich das Board auf einer der vielen vereisten Flächen, die sich auf dem ansonsten idealen festen Sanduntergrund, befinden, ins Rutschen gerät. Das fühlt sich dann mehr wie Eis-Segeln an. Nicht ganz ungefährlich, wenn man nicht drauf vorbereitet ist. Nach dem ersten sachten Ausrutscher bin ich dann aber immer darauf vorbereitet. Und habe Spaß. Und Ruhe. 

Ich drehe so manche ruhige Römö-Runde.
Kiteerlebnis pur. Ich verstehe Mountainboarder jetzt besser. Es hat schon was! Insbesondere auf Römö.
Nach den knapp 2 Stunden lande ich den Drachen locker. Bremsleinen gleichmäßig und sachte ziehen und er schwebt zu Boden wie ein leichter Ballon. Ja, einen Wermutstropfen gibt es: Das schöne Weiß des Kites wird an manchen Stellen mit klumpigem Sand überdeckt. Trocknet ja aber wieder. Lässt sich dann abschütteln.
Ganz im Gegensatz zu den schönen Natureindrücken, die ich an diesem Abend mit in den Schlaf nehmen.

Auch der nächste Tag bringt ein neues Kiteerlebnis. Was ich bereits vor ein paar Jahren mit einem Buggy und einer Crossfire erlebt habe, das erlebe ich jetzt noch einmal. Mit Mountainbaord und der Speed 3 15.

Und mit Familie. Die vier Liebsten schlendern am Strand entlang, während ich direkt an der Wasserkante einfach Gas gebe. Der Wind steht dermaßen ideal, dass ich knapp drei Kilometer in eine Richtung fahren kann. Unglaublich, was ich da erlebe. Das eisige Wasser hat kleine Eisschollen, Eisberge in Miniatur auf den Strand gespült. Sie liegen wie gerade Schüre mit einem Abstand von etwa einem Meter zur Wasserkante auf dem Strand.

Zwischen Wasser und Eis ist der eine Meter Strand gut befahrbar. Kilometerweit. Herrlich. Welch’ ein Anblick, wenn meine Augen zum Board und auf den Boden wandern.

Wenn meine Augen auf den Kite schauen, vermischt sich dieser entweder mit an diesem Tag diesiger Luft und dunstigen Dünen. Oder mit grauem Nordseewasser und ebenso grauen Nordseewolken. Ich gebe Gas. Die vier Liebsten werden kleiner und kleiner, bald zu Punkten am Horizont. Kite wenden und zurück. Die vier Liebsten werden größer und größer. Bis sie wieder in voller Lebensgröße vor mir stehen.

 „Kann ich mit drauf?“ „Äh, ja, versuchen wir es mal ....“ Janne, Rike und Enno versuchen es. Und es klappt. Mit einem Fuß auf dem Ende des Boards, mit einer oder beiden Händen den wohligen Wamst ihres Vaters umklammernd fahren sie mit mir über den Strand. Und haben ihren Spaß. Und ich auch.

Ein herrliches Kite-Erlebnis nimmt nach ein paar Stunden sein Ende. Hoffentlich war ich nicht das letzte Mal auf Römö. Es muss so etwa das 20. Mal gewesen sein. Beim etwa 21. Mal werde ich sicher wieder ein Landboard dabei haben.

Und die Kites. Und hoffentlich auch die Vier.