Alex Hesse

Was macht ein Drachenbauer?

Ein Interview mit Alex Hesse. Die  Drachen,  die Alex entworfen und gebaut hat, steigen fast überall auf der Welt in den Himmel. Er konstruiert Drachen, fliegt sie zur Probe und dann gehen sie in die Serienproduktion. Alex ist seit ein paar Jahren Mitglied der EFG in Oldenburg i.O..

Alex, wie bist du auf die Idee gekommen, Drachenbauer zu werden?

Alex: Die Idee entstand aus der Not. Als ich Anfang der 90er Jahre mit meinem Studium anfing, suchte ich einen Ausgleich, der für ein paar Stunden frische Luft sorgte. Dann kam ich an diesem kleinen Drachenladen in Krefeld vorbei, und war sofort fasziniert von dem bunten Zeug im Schaufenster. Und da man sich als Student ja nichts leisten kann, war es klar, daß ich die Dinger selber bauen muß. So fing das als Hobby an.

Mit der Zeit baute sich das Hobby immer mehr aus und ich fing an Drachen nach meiner eigenen Vorstellung zu bauen. Bis ich letztendlich an Wettbewerben im Ballettfliegen teilnahm und für eine Drachenfachzeitschrift Artikel schrieb.

Für mein Studium, welches sonst nichts mit Drachen zu tun hatte, war das nicht sehr förderlich. Aber ich tat eben das, was ich besser konnte, und was mehr Spaß gemacht hat. Dann ergab es sich 1997, daß ich ein Angebot der Firma InVento / HQ bekam, ob ichdort als Entwickler für Lenkdrachen tätig werden wollte. Ich habe dann 2 Tage lang überlegt, und bin dann in den Norden gezogen um professionell meinem Hobby nachzugehen.

Kann man „Drachenbau“ irgendwo studieren oder wie lernt man die ganzen Sachen, die man für diesen Beruf braucht?

Alex: Ich bin leidenschaftlicher Autodidakt. Sicherlich hat mir mein nicht abgeschlossenes Studium zumindest insofern geholfen ein Problem mit ingenieurmäßiger Herangehensweise zu lösen. Ansonsten ist alles Erfahrung und hat auch noch etwas mit mit Try and Error zu tun, weil es ein gezieltesStudium in die Richtung nicht gibt. Sicherlich hat man es einfacher, wenn man ein Fach studiert, welches mit Physik zu tun hat und im speziellen mit Aerodynamik. Aber es wäre übertrieben zu behaupten, daß man das unbedingt braucht. Zumal das Jobangebot in diesem Bereich so gut wie gar nicht existiert. Genauso hilfreich wäre es z.B. den Beruf des Segelmachers zu erlernen. Auch der Beruf des Werkzeugbauers wäre sehr hilfreich, da ich oft Kunststoffteile entwerfen muß. Erfahrungen mit 3D-Konstruktionsprogrammen sind dafür besonders wichtig.

Wie entsteht ein neuer Drachen?

Alex: Ich rede jetzt mal speziell von „Matten“ oder „Powerkites“. Diese modernen Foils kann man eigentlich nicht mehr ohne ein 3D-Programm entwickeln, egal ob es ein Schirm zum Snowkiten ist, oder eine kleine Fun-Matte für den Spaß im Urlaub. Je nach zu erfüllendem Anspruch zeichne ich dann zuerst die äußeren Konturen – also sozusagen die Draufsicht und die Frontansicht. Danach muß man bestimmen welches Profil die Matte haben soll. Das ist eine Wissenschaft für sich und sicherlich eine Variable, die den größten Einfluß auf das Flugverhalten hat. Durch die Wahl des Profils – also den Querschnitt des Schirms – bestimmt man die Leistung, Stabilität und Lift (Zug nach oben) des Kites. Da kann man wirklich viel ausprobieren, und man ist immer wieder auf der Suche nach einem besseren Profil, für einen noch stabiler fliegenden Drachen.

Diese Profile (Rippen) verteilt man dann in einer zweckmäßigen Menge auf die Spannweite der Kappe. Die Konstruktionssoftware hilft dann dabei die ganzen restlichen Boden- und Deckenpaneele zu zeichnen. Zum Schluß konstruiert man noch die Waage unter den Schirm. Das sind die vielen Leinen, die alles in Form halten, und sozusagen das Bindeglied zwischen Leinen und Matte sind. Manchmal ist das schon sehr fummelig.

Danach plotte ich das Schnittmuster der Einzelteile auf meinem Plotter aus und muß das zum Glück nicht mehr alles selbst zusammennähen, sondern habe eine nette Kollegin, die das gerne macht. Meistens nähen wir die ersten Prototypen im Haus. Aber es ist ein Klacks die Daten zu unserem chinesischen Produzenten zu schicken, der dann daraus auch flott einen Drachen zaubert.

Welcher Drachen, den du bisher gebaut hast, gefällt dir am besten? Warum?

Alex: Puuhuu, das ist nicht so leicht zu beantworten. Zählt auch ein Drachen den ich konstruiert habe, aber nicht selbst genäht habe? Dann ist es mit Sicherheit der neue Depowerkite Montana II. Wenn ich selbst baue, würde ich eher einen schönen Einleiner bauen, da spielen diekünstlerische Aspekte eine größere Rolle, und es wäre wahrscheinlich ein Unikat. 

Worauf sollte man achten, wenn man sich einen Drachen kauft?

Alex: Das Thema Drachen lässt sich sehr breit fächern, und es gibt eine Wahnsinnsauswahl. Generell gehalten sollte man natürlich auf gute Qualität achten. So ein Teil vom Discounter nebenan, kann einem schnell die Freude verderben. Ich rate dazu einen Fachladen anzusteuern, und sich beraten zu lassen, oder noch besser, man spricht mit erfahrenen Drachenfliegern auf der Wiese oder am Strand. Vielleicht darf man das eine oder andere Stück ja mal fliegen – beim irgend einem Drachenfest. Wenn es sich um Powerkites handelt, muß man natürlich darauf achten, daß man nicht überfordert ist. Sicherheit geht wie immer vor, und man kann sich und andere schnell in Gefahr bringen, wenn man zum Beispiel einen 5m² Schirm bei zu viel Wind fliegt und die Situation nicht mehr beherrscht. Anfänger überschätzen sich gern, und haben noch kein Gespür für die äußeren Bedingungen. Der Besuch eines Kurses z.B. zum Buggyfahren oder Mountainboarden lohnt sich bestimmt.

Informiert Euch genau, was ihr mit dem Drachen anstellen wollt – ich weiß, die meisten wollen nur lospowern. Aber es gibt auch solche Sachen wie Trick- und Ballettfliegen mit schönen Zwei- und Vierleinern.

Danke! Wer „deine“ Drachen sehen will, der kann sie sich auf www.powerkites.de und unter www.invento-hq.com näher anschauen. Dir wünschen wir viele gute Ideen und immer guten Wind!