Der Mann am Mikro – Robert Kirsch!

Bildschirmfoto 2018 04 22 um 22.34.16

 

‚Nach dem Drachenfest ist vor dem Drachenfest!’

Viele aktive Drachenflieger kennen ihn persönlich, den fröhlichen und lebensbejahenden Berliner, der auf vielen Drachenfesten mit seinem  Charme samt Berliner Dialekt Herr über das Mikrophon ist: Robert Kirsch.

Ewigkite.de wollte ein wenig mehr von ihm wissen und stellte ihm ein paar Fragen.


ewigkite.de: 
Robert, zunächst ein paar Antworten zu folgenden Stichworten. ….
Robert:Na denn mal los …

Wohnort:
Berlin – Lichtenberg, da bin ich geboren. Jetzt wohne ich in  Biesdorf, in der Nähe von Berlin-Marzahn.

Beruf: 
Projektleiter Elektrotechnik. Ich steuere und lenke also Projekte. Und das finanziell und personell. Bei einem großen Elektrounternehmen. 

Alter: 33, ick bin 83 Baujahr, nee, dann 34 …. 

Körpergröße: 183 – guter bundesdeutscher Durchschnitt.
Lieblingsessen: Steak.

Lieblingsgetränk: Whisky.
Lieblingsdrachen: Jetzt wird’s interessant – aus meinem Fundus oder was ich gerne fliege? Also Megaray fliege ich super gerne, auch wenn er mich kaputt macht! Megaray ist das, was mir am meisten Spaß macht. Das Ding ist ein Drachen, der keinerlei Fehler verzeiht und dir deine Grenzen aufzeigt. 

Lieblingsmensch: Das ist ja ´ne geile Frage! Wenn ick jetzte schleimen wollen würde, dann sage ich natürlich meine Freundin. Und wenn du nicht schleimen willst:Dann würde ich auch meine Freudin sagen oder Steini, den hab’ ich auch sehr gern.

Lieblingstier: Natürlich einen Hund, meinen Mops. Brain.

Lieblingsstadt: Natürlich Berlin, meine Heimat.

Bildschirmfoto 2018 04 22 um 22.34.07Lieblingsbeschäftigung: Ähm, ähm, ich würde sagen, Lenken und Organisation von Veranstaltungen.

Lieblings.....:  was anderes Lieblings? Lieblingsdrachenfest? In Deutschland – auf einer Höhe: Tossens und Lemwerder und im Ausland Cervia in Italien.

ewigkite.de: Robert, viele Leute aus der Drachenszene kennen dich als redegewandten und stets bestens informierten Drachenkenner, der auch gerne noch selbst auf dem Flugfeld steht. Hast du auf der Drachenwiese laufen gelernt oder wie bist du zum Drachensport gekommen?

Robert:Ich habe auf der Drachenwiese tatsächlich laufen gelernt. Als kleiner Junge, noch im Osten, vor dem Mauerfall, habe ich mit meinem Opa Drachen gebaut! So in alter Kunst: mit Latten zusammengenagelt und mit Papier bespannt. Ein Mist der grundsätzlich nie so richtig fliegen wollte und darüber ist dann Ehrgeiz entstanden. Ich habe Kontakt zu professionellen Drachenfliegern bekommen, zum Team Aufwind und die haben mir dann den Drachenbau in all seinen Facetten beigebracht.

Mit 10 oder 12 habe ich angefangen, richtig Drachen an der Nähmaschine zu nähen. Mit 12 hatte ich meine erste eigene Nähmaschine und dann ging es los mit Spinnacker, Nylon, Glas- und Kohlefaser. Als erstes habe ich dann Rokkakus und Eddys gebaut.

Ich war da schon immer etwas anders..., ich hatte meistens ältere Freunde, wenn nicht sogar Erwachsene als Freude. Das Teenydasein, das stand für mich nicht zur Diskussion, ich bin auch mit der Klasse nicht auf Klassenfahrt gewesen, weil das Drachenfest auf Fanö parallel dazu stattfand. Mit 13 war ich das erste Mal auf Fanö. Da wurde ich ganz offiziell und schriftlich von der Klassenfahrt befreit.

ewigkite.de: Welche prägenden Erlebnisse hattest du mit Drachen und/ oder auf Drachenfestivals?

Robert:Da gibt es viele. Das Schlimme ist ja, dass sich die Negativen Sachen einprägen. Eigentlich eine dumme Angewohnheit des Gehirns. Ich glaube, ich werde niemals Lemwerder von vor zwei Jahren vergessen, als Udo sich das Genick angebrochen hat … . Ein sehr sehr guter langjähriger Freund und ich war verantwortlich für die Veranstaltung. Eine Verkettung von ganz ganz vielen Sachen, die sich tief ins Gehirn eingebrannt haben und die ich nicht wieder löschen kann. 

Etwas Positives kann ich so prägnat gar nicht definieren, aber ich bin immer dann am stolzesten und glücklichsten, wenn wir eine Nachtflugshow geschafft haben und die dann standing ovations von ganz vielen Zuschauern bekommt. Das ist für mich auf Drachenfesten immer der erhebendste Moment, an dem ich mich am glücklichsten fühle. Das Nachtdrachenfliegen ist Ding, das bei Uwe Schwettmann ganz hoch angesiedelt ist. Das muss auf den Punkt genau passen. Das hat er mir mitgegeben. Da habe ich eigentlich keinen Bock zu, weil das Stress pur ist, aber wenn die Show dann gut geklappt hat, dann ist das irre. Ich spüre dann, wie ich in die Welle der Begeisterung mit einsteige. Das ist schon immer geil: Du hattest zwar keinen Bock drauf, es hat aber super geklappt und war ne geile Nummer. 

ewigkite.de: Welche Drachen haben dein Leben begleitet, geprägt? 

Gibt s so ein Drachendauerthema bei dir?

Robert:Das ganze Thema stablose Großdrachen! Irgendwann kommt im Leben eines Drachenfliegers der Punkt , wo man sich auf eine Sache konzentriert. Das waren jahrelang die Showkites, wovon ich am meisten im Gepäck habe. Stablose Großdrachen, das ist wirklich das Thema, das mich im Drachenbau und Drachenflug am meisten beschäftigt und begleitet!  Alles andere sind Nebenprodukte, … z.B. das Lenkdrachenfliegen. Die machen auch mal Spaß, aber nicht auf Dauer. Ich könnte auch nicht den ganzen Tag Buggy fahren. Da wird mir nach drei Stunden langweilig. Und wenn mir beim Großdrachenfliegen langweilig wird, dann hol ich den einen Drachen runter und mach mit dem nächsten weiter … .

ewigkite.de: Wie bist du zum Moderieren auf Drachenfesten gekommen? 

Robert:Das ist ne gute Frage. Die habe ich mir auch schon gestellt. Wie habe ich mir den Scheiß eigentlich eingebrockt? Ich bin ja schon immer bei Uwe auf die Drachenfeste gefahren. Und da habe ich irgendwann mal angefangen mit zu moderieren. Und dann hat Uwe gefragt: Mensch, willst du nicht mit einsteigen bei mir? Ich werde alt und brauche junges Blut dabei. Willste mich nicht in den Veranstaltungen unterstützen, bei Orga und Moderation? Und seitdem bin ich ein Teil von Kultur-Nord. Ich habe ein eigenes Gewerbe, Eventmanegment, und bin sozusagen „freelancer“, arbeite also im Auftrag von Kultur-Nord.

ewigkite.de: Warst Du zuerst aufgeregt beim Moderieren oder hat dir das flüssige Reden schon immer Spaß gemacht? 

Bildschirmfoto 2018 04 22 um 22.33.44Robert:Nee, also das Reden konnte ich schon immer. Ich konnte schon immer das Mikro in die Hand nehmen und losreden. Das liegt daran, dass ich im früheren Job bei der Thyssen Krupp AG der Konzernjugendvertreter war. Ich war da verantwortlich für über 5000 Azubis. In den vier Jahren dieser Tätigkeit musste ich sehr häufig, fast wöchentlich, vor großen Ansammlungen von Mitarbeitern oder auch vor Politikern Reden halten. Das Moderieren auf einer Veranstaltung war fast wie Tagesgeschäft für mich. Nur die Themen haben sich geändert. Das Fachwissen hat man ja als Drachenflieger eh irgendwie in sich … .

ewigkite.de: Was ist für dich die Herausforderung beim Moderieren?  

Robert:Die größte Herausforderung sind für mich die Tage, an denen kein Wind ist. Dann trotzdem etwas zu erzählen und irgendwie eine gewisse Spannung aufzubauen, das ist manchmal schon echt herausfordernd. Wenn man viele bunte Drachen von seinen Freuden am Himmel sieht, dann ist das einfach. Ist der Himmel aber leer, musst du dir eigenen Luftschlösser bauen, die du dann versuchst dem Publikum zu erklären. Ach ja, und das ist auch noch herausfordernd: Die Emotionen der unterschiedlichen Drachenflieger aus allen Teams, die von allen Seiten auf mich zukommen. Ich versuche immer alles in der Waage zu halten … . 

ewigkite.de: Gibt es eine Geschichte, die du beim Moderieren erlebt hast, an die du dich immer erinnern wirst?


Robert:
Oh ja, … eine total tolle Geschichte. Wir hatten mal ein Drachenfest in Bad Steeben im Dreiländereck. Da sind wir mit ein paar Drachenfliegern eingeladen worden. Die Flugfläche war ein Hang. Ziemlich abschüssig. Echt total ungeeignet. Und wir haben uns mit einer Blaskapelle abgewechselt. Unten im Tal stand ein Bierzelt und sechs Bierbuden. Die Leute haben sich hingesetzt und zugeschaut. Abends waren wir viel zu wenig Leute. Für die Bowl musste ich mich abmoderieren, um über den Platz zu rennen und mitzulaufen. Das Publikum war tierisch gut drauf. Als die sahen, dass ich mich total anstrenge und alle gebe, kamen Rufe: ‚Robert, ich will ein Kind von dir. Du bist der geilste.’ Diese Emotionen! Das war wie im Stadion ….

ewigkite.de: Was (und warum?) war das bisher abgefahrendste, chaotischste Drachenfest, das du erlebt/ moderiert hast?

 

Robert:Tossens, aber da habe ich noch nicht moderiert. Da war ich zum Glück nur als Teilnehmer. Wir sind vom Publikum ausgebuht worden. Das war vor acht Jahren oder so. Da ist alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte. Die Drachenflieger haben falsch reagiert, mit den falschen Drachen, es hat nichts funktioniert, es war alles scheiße ….. Da erinnern wir uns noch in 30 Jahren dran!

ewigkite.de:.... und das schönste Drachenfest?

Robert:Jedes Drachenfest irgendwie. Immer wieder auf einem Drachenfest zu stehen. Auf seinen eigenen Beinen. Mit einem Bier in der Hand. 

ewigkite.de: Wie muss man sich das bei dir nach einem Drachenfest vorstellen? Du packst ein, fährst nach Hause, .... und wie sieht dann der Arbeitsalltag bei dir aus? Ist das Thema Drachen auch während des Alltags präsent? 

Robert:Während der Saison eigentlich schon. Nach dem Drachenfest ist vor dem Drachenfest. Das fängt beim Einpacken an. Dann bin ich schon wieder beim nächsten Drachenfest. Was brauche ich an Equipment, was brauche ich an Drachen? Das wechselt ja immer. Dann muss ich zwischen den Veranstaltungen das Gepäck anpassen. Rauspacken, umpacken, reinpacken. In der vergangenen Saison war auch häufig Trocknen angesagt. Manchmal auch Reparieren. Eine meiner Hauptaufgaben ist ja auch die Betreuung und Orga für die internationalem Gäste. Das mache ich ganz alleine. Ich sprech’ die Teams meistens auf den Veranstaltungen an. Darüber kennt man sich ja auch. Ich schau dann, welches Team wo reinpasst.  Das ist dann ganz viel E-Mai-Verkehr, ich arbeite sozusagen vor: welches Budget, welche Bettenzahl, welcher Pilot für welche Veranstaltung mit welchen Kosten? Ich bekomme vorher ein Budget und damit organisiere ich dann zwischen den Drachenfesten in Absprache mit Uwe. 

ewigkite.de: Hast du immer Lust, dich wieder auf die Autobahn zu machen, wenn die Saison im Gange ist und du vielleicht auch einfach mal nichts machen möchtest ....

Robert:Es gibt schon manchmal Veranstaltungen, wo ich mir denke: Scheiße, jetzt würde ich lieber auf der Couch sitzen bleiben, vor allem, wenn ich in die Wettervorhersage schaue und sehe, dass die Veranstaltung ins Wasser fallen wird. Wo jeder andere Hobbydrachenflieger zuhause bleibt, muss ich dann trotzdem los und mich durchkämpfen.

ewigkite.de:Viele Betriebe, Vereine und auch die Kirchen klagen über Nachwuchsprobleme. Was meinst du, wie sieht es für die Drachenszene aus?

Robert:Wir haben ein massives Nachwuchsproblem, würde ich sagen. Ich bin ja mit 34 manchmal noch immer der jüngste, mal abgesehen von Luca. Aber wenn der nicht da ist, wird es schon eng.

ewigkite.de: Wie kann man neue Leute gewinnen?

Robert:Hmmmmm, das ist ne gute Frage. Das ist aber auch eine schwere Frage …. Ich habe darauf keine wirkliche Antwort. Wir haben das Problem, dass wir in vielen Gegenden für ein uncooles Hobby stehen. Zum Beispiel in einer Großstadt wie Berlin, da ist Drachenfliegen Kinderspielzeug. An der Küste kann man das einfacher gestalten und da gibt es wohl auch jüngere Drachenflieger. 

ewigkite.de: Was wünschst du dir von den  Drachenflieger bzgl. der Moderation und der gesamten Drachenfestivals?

Robert:Ähmmm, ah, (lacht) das war dieses Jahr einer meiner häufigsten Sätze: ‚Packt euch doch mal einen Flachdrachen für Leichtwind ein, dann haben wir immer was am Himmel!’

ewigkite.de:Was hast du sonst noch zu sagen? ;)

Robert:Habt euch alle lieb!

ewigkite.de:Danke für das Interview!