Sie
Sie ist wer. (Version 1)
Ein auffälliges Bild. Die Gestaltung. Die abgebildete Person. Die dazugehörige Aussage. Manchmal begegnet man Menschen, die einfach auffällig sind. Ob es nun wegen ihres Aussehens oder wegen ihres Verhaltens ist. Menschen, die „ins Auge springen“. Positiv oder negativ. Für mich ist dieses Bild ein eindeutig positives Bild. Diese Frau strahlt Lebenslust aus. Und Freude. Sie scheint dem Leben zugewandt zu sein. Und es sieht so aus, als ob sie trotz – oder wegen? – ihres Alters Dinge tut, die man älteren Menschen auf den ersten Blick so nicht zutraut. Menschen, die Besonderes tun, sind auffällig. Menschen, die sich anders kleiden als andere, Menschen, die anders reden oder handeln als andere. Auch hier gilt: das kann vom eigenen Standpunkt aus negativ oder positiv betrachtet werden.
Es bestand auch die Überlegung zu dem Spruch „Sie ist wer.“ ein Bild einer Frau zu suchen, die den Schönheits- oder Auffälligkeitsmerkmalen unserer Gesellschaft überhaupt nicht entspricht, zu nehmen.
Die Bibel betreibt keine Gleichmacherei, was Menschen angeht. Sie ist voller Geschichten von Menschen, die mal mehr, mal weniger sympathisch sind. Menschen mit Schwächen und Stärken. Vom Aussehen her werden nur wenige Menschen ausführlich beschrieben. Aber vom Verhalten her. Da gibt es starke und schwache Persönlichkeiten. Aggressive und ausgeglichene. Ruhige und laute. Ethisch „saubere“ Menschen und solche, die jede Menge Dreck am Stecken haben.
Auf der ersten Seit der Bibel gibt es allerdings eine allgemeine Aussage zu den Menschen:
„Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde!“1.Mose 1,27. Mit „den Menschen“ist nicht ein einzelner Mensch (womöglich Adam, nein, nein) gemeint. Der Mensch wird immer in der Vielzahl im Sinne von Menschheit gedacht. „… und er schuf sie als Mann und Frau.“ Der Mensch ist auch immer in seiner Ergänzungsbedürftigkeit gedacht. Ein Mensch allein macht noch keine Menschheit.
Gott hat die Menschen zu seinem Ebenbild geschaffen. Ebenbild meint – auch wenn das Wort Bild es auf den ersten Blick nahelegen mag – nicht das Aussehen. Gott sieht nicht menschlich auch, ist auch nicht die Addition sämtlicher für das Aussehen verantwortlicher Gene der Menschheit. Gemeint ist mit Gottesebenbildlichkeit wohl die Beziehungsfähigkeit, die Gemeinschaftsfähigkeit, die Ansprechbarkeit des Menschen. So wie Gott selbst immer als Gott der Beziehung , des Miteinanders, der Gemeinschaft erkannt, gedacht und geglaubt werden will (in Abgrenzung: kein Gott, der irgendwo auf seinem Thron rumsitzt und sich einen schönen Tag macht, egal, was so los ist), so ist auch der Mensch nur „Mensch in Beziehung“. Als solchen hat Gott den Menschen geschaffen. Als solcher ist er wer. Als solcher ist er Gottes Ebenbild.
Wenn ich andere Menschen und mich selbst als beziehungsfähig, als gemeinschaftsfähig und auch in beiden Sinnen als „bedürftig“ verstehe, dann verstehe ich, dass auch ich selbst auf andere Menschen angewiesen bin, um das zu werden, was ich bin: Mensch. Und ich werde dann sicher auch Stück für Stück lernen, dass alle Menschen, ganz gleich, ob ich sie attraktiv oder eher unsympathisch finde, mir helfen können - oder dass sie sogar dafür geschaffen wurden -, damit ich das werde, was ich bin: Mensch. „Das Ich entsteht am Du“. Wenn das „Du“ nicht so ist, wie es meinen Idealvorstellungen entspricht, dann würde ich mir dennoch etwas nehmen, wenn ich auf dieses „Du“ nicht zugehen würde.
Die Beziehungsfähigkeit der Menschen untereinander ist auch immer ein kleiner aber deutlicher Wink, eine Erinnerung daran, dass auch Gott eine Beziehung zu uns Menschen haben möchte. Mein „Ich“ wird an seinem „Du“ zu dem, wie es gedacht ist: Ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott und deinen Menschen. Mit weniger sollte man sich nicht zufrieden geben. Sonst ist man zwar wer. Aber eben nicht ganz der oder die, als der man gedacht. Aber auch wenn das der Fall sein sollte ist man wer. Gottes Ebenbild.
Sie ist wer! (Version 2)
Sie sieht für manchen Betrachter auf den ersten Blick sicherlich etwas schrill aus. Oder attraktiv. Zumindest auffällig. Auf den ersten Blick sieht man auch, dass sie etwas Besonderes kann. Mit vier Bällen kann wirklich nicht jeder jonglieren. Man sieht auch, dass sie allem Anschein nach ganz fröhlich ist. Sie ist wer. Auffällig aussehende Leute, ganz gleich ob gewollt oder ungewollt auffällig aussehend, haben es manchmal nicht leicht. Die abgebildete Frau scheint jedoch Leichtigkeit zu empfinden. Es scheint so, als ob sie das Leben genießt und sich an dem, was sie tut, freut. Ein Bild voller Lebenslust.
„Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde.“ Mit diesem knappen Satz macht die Bibel in 1.Mose 1,27 eine ihrer ersten Aussagen über das Menschsein.Mensch und Gott gehören zusammen. Laut biblischer Aussage ist der Mensch nicht ohne Gott zu denken. Er ist immer „Bild“ (andere Übertragungen formulieren „Ebenbild“) Gottes.
Unter „Bild“ oder „Ebenbild“ versteht man normalerweise eine Art Kopie, die das Ursprüngliche abbildet, zeigt, wiedergibt. Dabei sind Menschen der heutigen Zeit so stark von Print- und Internetmedien geprägt, dass sie auf den Gedanken kommen könnten, dass Gott so aussieht wie ein Mensch oder wie die Menschen.
Wenn sie es gut meinen, dann würden sie vielleichtnoch formulieren, dass die Ansammlung sämtlicher menschlicher Gene in etwa die Größe Gottes darstellt. Somit wäre jeder heute lebende Mensch zumindest zu einem sechsmilliardenstel „Bild“ Gottes. Das wäre aber zu wenig.
Der Mensch bildet Gott nicht durch sein Aussehen ab, auch wenn einen das deutsche Wort „Bild“ zuallererst auf diese Fährte locken will.
Auf den ersten Seiten der Bibel wird dem Leser nicht nur der Mensch vorgestellt, sondern auch Gott, der Schöpfer. In einer manchmal eigentümlich anmutenden Sprache wird von Gott im Plural gesprochen. Zum Beispiel an der Stelle, wo es darum geht, dass Menschen entstehen sollen.
„Lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei!“ Wer verbirgt sich hinter dieserAussage?
„Lasst uns ….“ Manche Theologen entdecken in dieser Formulierung, dass Gott ein Beziehungswesen ist. Da ist zwar nicht mehr als ein Gott, aber Gott ist in seinem Wesen eben mehr als eins. Einige Theologen entdecken in dieser Aussage bereits erste Anzeichen für die Trinität (die Wesenseinheit zwischen Gott Vater, Gott Sohn und Gott, dem Heiligen Geist), die im Neuen Testament dann konkreter formuliert und angedeutet, jedoch noch nicht zu einer fest umrissenen Lehre ausformuliert ist.
Wenn man der inhaltlichen Fährte von Gott, dem Beziehungswesen, folgt, dann kann man dazu kommen, dass die Gottesebenbildlichkeit des Menschen in seiner Beziehungsfähigkeit liegt. Der Mensch ist nur Mensch, wenn er in Beziehung lebt. Für die biblischen Autoren ist es dabei selbstverständlich, dass es dabei einerseits um die Beziehung des Menschen zu Gott und andererseits um die Beziehung des Menschen zum Menschen geht.
Gott ist ein Gott, der Beziehung. Innerhalb seiner selbst, aber auch gegenüber dem Menschen. Die Bibel ist voller Geschichten, dass Gott immer wieder die Beziehung zu den Menschen aufnimmt. Geradezu hartnäckig lässt er nicht locker. Nicht gegenüber einzelnen Menschen und auch nicht gegenüber seinem kleinen auserwählten Volk Israel. Hat ein oder haben mehrere Menschen ihn vergessen, lassen sie ihn außen vor, so bringt er sich immer wieder in Erinnerung. Gott hält an seiner Beziehung zu dem und zu den Menschen fest.
Im sog. Neuen Testament gipfelt das in der Aussage, dass Gott sich in Jesus Christus ein für allemal und letzt- und immer gültig in Jesus Christus zu Wort gemeldet hat und mit diesem „Wort“ die Beziehung zu seinen geliebten Menschen wieder aufleben lassen möchte. Das „Wort“ Jesus Christus ermöglicht einen neuen Dialog. Eine neue Beziehung.
Zum Dialog, zur Beziehung, ist jeder Mensch fähig. Denn so ist der Mensch angelegt, geschaffen.
Als Beziehungswesen.
Ganz gleich, ob „sie“, die abgebildete lebensbejahende und auffällige Frau an den Beziehungs-Gott glaubt oder nicht, sie ist wer. Von Gott geschaffenes Beziehungswesen.
Gott sei Dank für alle Menschen, mit denen ich in Beziehung leben kann. Ganz gleich ob schrill oder langweilig. Fröhlich oder traurig. Mut machend oder nervend. Sie alle helfen mir zum Menschsein.
Gott sei Dank für Jesus Christus, der deutlich gemacht hat, dass Gott ein Beziehungsgott ist.
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