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„Wer macht das Licht aus?“

Diese Frage kommt einem nicht selten, wenn man vor einer Situation steht, die ausweglos erscheint. Wenn man vor einer Situation steht, die keine Perspektive mehr zulässt, die hoffnungslos erscheint.

Das gilt für gesellschaftliche, für gemeindliche oder aber auch für persönliche Situationen.

Es gibt z.B. Kirchengemeinden, in denen sich -zumindest aus der Sicht einzelner Betrachter - kaum noch etwas tut. Sie dümpeln vor sich hin, kaum etwas oder kaum jemand bewegt sich und die Frage nach der Existenzberechtigung stellt sich mal laut, mal leise. Und gerne möchte man dann - wenn man denn dann der außenstehende Betrachter ist, auch mal die Frage stellen „Wer macht das Licht aus?“. Eine solche Frage bringt einen jedoch -zumindest im gemeindlichen Kontext - in den Verdacht, ein böser, wenig gut meinender Mensch, der die Geschichte der Gemeinde, die doch zumindest in ihrer Blütezeit eine „segensreiche“ Geschichte war, nicht achtet und würdigt, zu sein.

Und auch in persönlichen Situationen und Erfahrungen stellt sich die Frage nach dem Licht ausmachen hin und wieder. Da hat man etwas angefangen, da hat man sich engagiert und das Projekt oder die Idee dümpelt so vor sich hin.

Da hat man Freunde und Bekannte gehabt, mit denen man viel verbunden hat, die sich aber nun seit Jahren nicht mehr melden. Wer macht denn das Licht aus, was diese Bekanntschaft angeht? Laufen nicht alle lieber mit einem schlechten Gewissen rum anstatt sich einmal zu sagen: Mensch, wir hatten eine gute Zeit, das ist aber vorbei, lass‘ uns einen Schlussstrich ziehen. Eher sammelt man doch weiter Adressen in seinem Adressbuch. Licht aus machen, Adressen streichen ist eher nicht angesagt.

 

Licht in der (Kirchen-)Geschichte
Wenn man sich die Geschichte des Christentums anschaut, dann gibt es da manche dunkle  Kapitel. Da haben Christen und Christinnen weder das Licht angemacht noch für irgend eine Art von Erhellung gesorgt. Da haben sie sogar das Lebens-Licht von Andersdenkende einfach ausgelöscht. Da haben sie für Dunkelheit, Verbrechen, Schmerz und Lied gesorgt. Und das alles im Namen dessen, der von sich selbst einmal gesagt hatte: „Ich bin das Licht der Welt!“
Andererseits gibt es aber auch jede Menge Breichte aus der Kirchengeschichte und aus der heutigen zeit, die wunder´bar veranschaulichen, dass Christen sich für „Helles“, für das Gute, für das, was dem leben hilft, eingesetzt haben. Unzählige Einzelne und auch viele Organisationen, die ihr bestes für andere gegeben haben.

Das Gleiche gilt für die politische Geschichte. Leid, Krieg, Terror, Machtgelüste sind nicht das Einzige, was unsere Weltgeschichte bestimmt hat.Immer wieder haben Menschen - ganz gleich welchen Glaubens- sich für das Gute und Helle eingesetzt. Immer wieder haben einzelne Menschen oder ganze Organisationen anderen Menschen geholfen, sich für sie eingesetzt.

Was meint Jesus wohl, wenn er im Rahmen einer seiner bedeutendsten reden sagt „Ihr seid das Licht der Welt!“ Fast im selben Atemzug sagt er auch noch „Ihr seid das Salz der Erde!“
Ohne Licht geht gar nichts auf der Welt. Will Jesus sagen, dass ohne seine Anhänger nichts auf dieser Welt geht? Wohl kaum. Natürlich funktioniert die Welt auch ohne Christen. Natürlich gibt es auch jede Menge Nicht-Christen, die ziemlich helle sind und für Helligkeit und jede Menge Gutes sorgen. Was meint Jesus denn dann? Ist das einfach ein Mutmachwort für seine manchmal etwas mickrig wirkenden Anhänger? Will Jesus ihnen einfach ein licht aufstecken, damit sie nicht in Depressionen versinken?

Wenn Jesus seinen Anhängern sagt, dass sie das Licht der Welt sind, dann ist zunächst einmal festzuhalten, dass daraus keine Abwertung anderer Menschen abgeleitet werden soll. So nach dem Motto „Wenn wir das Licht sind, wenn wir das Helle sind, dann sind die anderen eben nicht ganz so helle.“ Weit gefehlt. Alle Menschen sind Geschöpfe Gottes. Haben ihre Gaben. Haben ihre hellen Seiten und dunklen Schatten.

Indem Jesus seinen Leuten sagt „Ihr seid das Licht der Welt“ macht er ihnen deutlich, dass sie ganz auf seine, ganz auf Gottes Seite gehören. Gott ist derjenige, der zu Beginn der Weltgeschichte für Licht gesorgt hat. Gott ist ein ganz Heller! Der will, dass die Welt nicht in Finsternis versinkt. Der will, dass Ordnung in das dunkle Chaos der Welt kommt (mehr darüber ist in den Schöpfungsberichten der Bibel nachzulesen).

In der Tradition, in den „Spuren“ des Schöpfergottes ist auch Jesus einer, der für Helles sorgt. Er sorgt für gelingendes Leben. Physisch und psychisch. Er sorgt dafür, dass Menschen nicht mehr unterdrückt werden, dass sie frei durchatmen können, dass es licht und hell in ihrem Leben wird. Diese Aussagen kann man auch auf Innerliches beziehen. Wenn die Bibel davon spricht, dass Menschen, die nicht an Gott glauben „in der Finsternis“ leben, dann ist das keine Abwertung dieser Menschen. Das ist dann eher eine Zustandsbeschreibung. Und: Gott will auf keinen Fall, dass es für Menschen finster bleibt.

Wenn man die Bibel so lesen und verstehen will, dass Gott es gut mit den Menschen meint, dann ist Jesus derjenige, der das Licht wieder anmacht. Der für Helligkeit, Helles, Hoffnungsvolles sorgt. Mit ihm bricht das reich Gottes spürbar und erlebbar an.

Und das überträgt, folgert Jesus auch für seine Anhänger. Ihr macht es hell für die Menschen. Ihr zeigt ihnen, wie das ist mit dem Reich Gottes. Durch euer Reden und durch euer Handeln wird das Reich Gottes auf dieser Welt sichtbar. Und das ist immer hell.

Das heisst allerdings nicht, dass Christen immer ganz helle sind. Sie haben auch ihre Schatten. Aber diese Schatten werden das Reich Gottes nicht daran hindern, auf dieser Welt weiter Fuß zu fassen.

Christen sind das Licht der Welt. Sie sorgen für Helles. Auch wenn sie manchmal einen Schatten haben. Denn das Reich Gottes ist nicht zu verwechseln mit den Christen.

Christen sind das Licht der Welt und werden dabei nie andere in Schatten stellen.
Christen sind das Licht der Welt und haben es deswegen nicht nötig, die dunklen Seiten andere Menschen zu betonen. Sie könnten es ja auch bei sich selbst tun.

Christen sind das Licht der Welt und freuen sich über alles Helle - auch wenn sie nicht genau wissen, welche Energiequelle dahinter steckt.

Christus ist das Licht der Welt.
Ohne ihn wäre das Licht schon längst aus.