13. Mai

Gestern habe ich noch drei Stunden in einem Cafe gearbeitet. Nachdem ich den Radiobeitrag gehört hatte. Dann ging es zur Baptistengemeinde Holzstrasse, wo Marc schon mit ein paar Leuten wartete. Mit der Aufblasbaren Kirche im Gepäck ging es dann in die FUZO. Unglaublich, die ewigkite.de –Kirche steht ca. 200 Meter Luftlinie von der Frauenkirche, fast direkt am Stachus. Ich habe mir beimHelfen Zeit genommen. Wann kann man schon mal eine freikirchliche aufblasbare Kirche bei einem ökumenischen Kirchentag aufbauen? Herrlich! Ein so idealer Platz, dass man es kaum glauben kann. Ich weiß nicht, wieviel tausend Leute die Kirche gesehen, fotografiert, gefilmt haben. Und es waren wohl auch mehr als 1000, die im laufe des Tages hineingegangen sind und sich die Ausstellung angeschaut haben. Es erfüllt mich natürlich mit Freude und auch mit Stolz, dass ausschließlich wohlwollende Kommentare zur Ausstellung kamen. Gut gemacht, Julia, gut gemacht, Heiko und Andreas! Allem Anschein nach haben die Leute es genossen, sich eine Auszeit zu nehmen. Zu lesen, nachzudenken, zu beten.
Vom Stachus bin ich dann ins Hotel gefahren. Endlich duschen. Das hatte ich auf der Raststätte dann doch nicht gemacht. Und dann ging es gleich weiter zur Teresienwiese. Eröffnungsgottesdienst. Ich war D 3-Promi. Hatte also einen Sitzplatz. Musste aber dennoch warten. Denn vor A 3 gibt es A 2 und A 1 und A2 . Hmmm. Und B 1-3. Und C 1-3. Und D 1 und 2. Okay, okay, ich konnte wenigstens sitzen. Und war nah dran am Geschehen.
Ich kann nur sagen, dass es für mich einer der beeindruckendsten Gottesdienste seit Langem war. Das lag aber nicht an der Predigt. Das können Jo und Martin aus Oldenburg besser als die A1 Promis, die auf der Bühne waren. Zumindest für mich. Es ist schon etwas Besonderes, wenn man mit 80000 Leuten singt und betet. Wenn alte Kirchenlieder und neue Kirchentagslieder gesungen werden. Wenn keine Füllwörter im Gottesdienst benutzt werden. Wenn es klar zugeht. Und fröhlich. Wenn ernste Worte gesprochen werden, es aber dennoch nicht depressiv wird.Schade nur, dass der Papst (in seinem vor Beginn des Gottesdienstes von einem A 3-Promi verlesenen Grußwort) und der Bundespräsident (nach dem Gottesdienst) deutlichere Worte über die derzeitigen „dunklen Wolken“ in der Kirche und über das „Unkraut auch unter den Amtsträgern“ fanden, als die am Gottesdienst Beteilgten. Schaler Nachgeschmack.
Zitat Benedikt, der übrigens nicht als Heiliger Vater, sondern als Papst bezeichnet wurde (es lebe die ökumenische Rücksicht!):"Ihr wollt inmitten einer schwierigen Zeit ein Signal der Hoffnung in die Kirche und in die Gesellschaft senden. Dafür danke ich euch sehr. Denn unsere Welt braucht Hoffnung. (…) Es gibt das Unkraut gerade auch mitten in der Kirche und unter denen, die der Herr in besonderer Weise in seinen Dienst genommen hat." Persönlich wurde es, als der Papst die HörerInnen seiner Grußbotschaft fragte, wie viel Unkraut in einem selbst sei, ob man sich von Gott "ändern und heilen" lässt .
Zitat Köhler: „Dieser Ökumenische Kirchentag kommt zur rechten Zeit. In den letzten Jahren hatte man den Eindruck, der ökumenische Schwung hätte nachgelassen. Deswegen haben sich viele - auch ich - auf diesen Kirchentag gefreut, ja, ihn geradezu herbeigesehnt. Wir sind davon überzeugt: Nur in ökumenischer Gesinnung, nur in Zusammenarbeit und nur in einem sichtbaren und wahrhaftigen Miteinander können die Christen heutzutage der Welt ein Zeugnis ihres Glaubens geben.
(…) Auch aus einem anderen Grund kommt der Kirchentag zur rechten Zeit. Viele dunkle Wolken haben sich in den vergangenen Monaten über der Kirche zusammengezogen. Führungsversagen, Missbrauch, Misshandlung - all das hat zu einer schweren Krise geführt. Viele haben der Kirche den Rücken gekehrt, viele klagen sie an, verspotten sie. Viele Gläubige schämen sich, viel Vertrauen ist verloren gegangen.
Die vergangenen Untaten sind nicht ungeschehen zu machen. Jetzt kommt alles darauf an, wie wir damit umgehen. Aufklärung und Zuwendung zu den Opfern sind das Gebot der Stunde. Aber auch der Blick nach vorn, der Wille zur Selbsterforschung und zur Umkehr.

Wenn Christen zusammenkommen, ob im Gottesdienst oder auf dem Kirchentag, dann bekennen sie voreinander und vor Gott ihre Schuld, dann bitten sie um die Kraft zur Erneuerung und Umkehr, dann bitten sie um Gottes Gnade. Das ist heute wichtiger denn je.“

Nach dem Eröffnungsgottesdienst zogen alle GottesdienstbesucherInnen unter Begleitung bayrischer Blasmusik in die Innenstadt. Mancher musste schmunzeln. Echt bayrisch eben. Lustig. Hin und wieder habe ich ein paar Bekannte getroffen. Nettes Klönen. Auch mit ein paar netten Kolleginnen und alten Bekannten aus Berlin. Ich habe mich in der Stadt rumgetrieben. Hier und dort geschaut. Buntes Treiben. Mit dem katholischen Kollegen von der „rollenden Kirche“ habe ich mich länger unterhalten. Wir waren uns einig, dass wir als Kirchenmenschen mehr zu den Leuten müssen. Raus aus unseren Mauern.