19. Juni

„Dankgebete. Für so viel Schönes. Dafür, dass es meiner Seele so gut geht.“Ein Zitat von gestern morgen, etwa 6.00 Uhr.Nach dem gestrigen Tag allerdings klingt das anders.Der Tag ist zerrissen. Wie irgendwelche Muskelfasern, Muskeln oder Sehnen in meinem linken Unterschenkel. Bei heftigem Wind bin ich gemeinsam mit Emmanuel und Pascal aufs Wasser gegangen. Die Controllbar hält nach 5 Minuten die Belastung nicht aus, die Anknüpfhülse löst sich. Eine Bremsleine weg. Sturz. Leicht verkanteter Fuß. Drachen gesichert. Durchs Wasser gewatet.Drachen zusammengepackt. Am Strand entlang gelaufen. Und dannhabe ich zum ersten Mal in meinem Leben das Geräusch gehört, das wohl klassisch für eine solche Verletzung ist.Schmerzen.
Das ZDF war gekommen. Aufbau der Kirche bei 6-8 bft nicht möglich. Erste Enttäuschung. Kitesession auf dem Wasser endet mit Schmerz. Zweite Enttäuschung. Buggyfahren nicht mehr möglich. Dritte Enttäuschung. Schmerz. Auch innerlich. Und dann noch ein paar andere Enttäuschungen. Alles ganz menschlich. Ich auch. Kirche in der Reithalle aufbauen. Wo denn sonst auf dieser Insel, die ausgerechnet gestern mit 6-8 bft. durchgeblasen wird.
Ein paar Minuten Ruhe. Schmerzen. Gebete. Fertig machen für die Hochzeit in der Aufblasbaren Kirche. Ich möchte wenigstens dort ganz präsent sein. Sage mir und bete auf dem Weg dorthin, dass das mein „Hauptgeschäft“, mein Anliegen, mein Liebstes ist: Predigen, Evangelium. Vielleicht ist diese ganze andere Kiste, ist alles andere, doch nur oberflächliche Angelegenheit. Worauf kommt es wirklich an? Was ist wesentlich? Diese Frage verfolgt mich seit einigen Monaten. Das will ich eigentlich gar nicht, weil ich vom Charakterher gar nicht der Typ dafür bin. Manchen Fragen kann man dann aber doch nicht mehr aus dem Weg gehen.
Predigen. Will mein Bestes geben bei der Hochzeit. Jedes Wort ist schon aufgeschrieben. Werde ich präsent sein können? Ich erinnere mich selbst daran, dass es nicht auf meine Präsenz ankommt. Gott. Ich freue mich über Eva-Maria und Manuel, die so glücklich sind. Die Szenerie in der Reithalle hat echt etwas ganz Besonderes. Ich denke, es war ein „runder“ Gottesdienst.
Wir fahren in das Ferienhaus zur Feier. Schlüssel weg. Fenster aufbrechen. Schlüssel wieder da. Ich „knicke“ ein – da reißt etwas. Nur ein paar kleine Worte anderer Leute „noch oben drauf“ und das Fass kommt zum Überlaufen. Ich ziehe mich zurück. Kann nicht mehr. Bin körperlich und auch innerlich am Ende. Bis hierher konnte ich die Spannung halten. Mit einer kann ich sprechen. Tröstend. Raus damit.
Einige Zeit später dann doch noch an der Feier im Wohnzimmer teilgenommen. Konnte abschalten. Schöne Gespräche am Grill. Und auf dem Sofa. Klasse. Wesentlich.
Eva-Maria und Manuel strahlen.Das ist so schön mit anzusehen.
Kurz vor eins dann ins Bett. Sofortim Tiefstschlaf. Bis drei Uhr. Die jungen Herren, die am frühen Abend den Schlüssel ausversehen mitgenommen hatten, haben ihn jetzt nicht (und wir haben vergessen die Tür auf zu lassen). Ich mache die Tür auf. Humpelnd. Nette junge Männer. Dynamisch. Klasse.
Einschlafenkann ich erst wieder nach einer Stunde. 1000 Gedanken. Bewältigung. Vorschau. Urlaub ohne Kiten. Das tut weh. Termine der nächsten Woche absagen. Was ist wesentlich?
Am heutigen Tag bin ich ganz allein im Ferienhaus. Die anderen Leute sind am Strand. Die Ruhe wird hin und wieder unterbrochen von kurzen und auch intensiven Gesprächen.
Ich komme zur Ruhe. Und lerne (mal wieder), dass das Leben nicht nur mit Dankgebeten angefüllt sein kann. Manche Sachen bleiben ohne Sinn.Dann ist es eben so. „Gott gibt Rückhalt“. Zitat aus einem der vielen kurzen Gespräche des gestrigen Tages, der so diametral anders war, als ich mir das erwünscht hatte.
In ein paar Stunden werde ich mich auf den Weg nach Hause machen. Dann kehrt Alltag ein. Morgen ist aber ein besonderer Tag. Wir werden viele Gäste zuhause haben. Nach zwei Jahren Gemeindeunterricht wird Janne morgen im Gottesdienst verabschiedet.Das wird ein schöner Tag. Zwar mit einem humpelnden Vater, aber eben doch mit den Liebsten.
Was ist wesentlich? Mir fällt dazu immer wieder Römer 8 ein. „Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“