Test Flysurfer Boost 15 LW
Big bang: Boost!
Test des Flysurfer Boost 15 LW
Der neue Tubekite aus dem Hause Flysurfer kam per UPS aus dem tiefsten Süden der Republik zum Testen bei ewigkite.de an, um dann im hohen Norden am niederländischen Ijsselmeer von ein paar Kitesurfern auf die Probe gestellt zu werden.
Nachdem der erste Flysurfer-Tubekite einen nicht zu übersetzenden Eigennamen („Cronix“) trug, hatte man diesmal in Marquardtstein, wie beim Single-Skin-Kite „Peak“, wieder einen Namen gewählt, der gleich eine Aussage über den Kite mitliefern soll: Boost! Das englische Substantiv „boost“ kann im Deutschen mit folgenden Wörtern wiedergegeben werden: Verstärkung, Schub, Steigerung, Aufschwung, Ankurbelung. Da darf man auf das Testen und den Kite gespannt sein .... .
Die Bedingungen
Es war einer dieser traumhaften Kite- oder Kitertage. Morgens um halb 7 hatten wir uns in Oldenburg i.O. getroffen, um bei Sonnenaufgang zu viert Richtung Holland zu fahren. Pünktlich um 9.00 Uhr standen wir am menschenleeren Strand von Mirns am Jisselmeer. Mitte März war es noch recht frisch, aber was macht das schon, wenn man sich auf einen gemeinsamen Tag am und auf dem Wasser freut. Der Wind blies schwankend mit 12-17 Knoten, manchmal fiel er kurzzeitig auch unter 10 Knoten. Nach einer ausführlichen Session in Mirns (und einem delikaten Ravioli-Mittagessen!), sind wir nach Stavoren gefahren, um noch einen für uns neuen Spot am Ijsselmeer kennenzulernen.
Die Tester
Wir waren zwar zu viert unterwegs, „getestet“, also ausgiebiger mit dem Schirm beschäftigt, haben sich jedoch nur zwei von uns.
Tester A: Ein etwa 30-igjähriger erfahrener Kiter, der, abgesehen von einem Speed 3 21, nur Erfahrung mit Tube-Kites hat.
Tester B: Ein knapp 20 Jahre älterer Kiter, der, abgesehen von einer zweistündigen Session mit einem Cronix und mehreren kurzen Tube-Kite-Einsätzen, ein eingefleischter Softkite-User ist.
Tester A hat seine Anmerkungen zum Kite schriftlich gemacht. Tester B hat diesen Text verfasst und die Anmerkungen von A einfließen lassen ;).
Qualität/ Verarbeitung
Der Kite kommt in einem praktischen, stabilen und schlicht designten Rucksack mit ausreichend Seitentaschen, Verschlüssen und Trage- und Gurtbändern.
Packt man den Kite aus, sagen einem die haptischen Eindrücke als erstes: „Billig ist das Material nicht. Da haste was in der Hand!“ Die Nähte sind bestens gearbeitet, überschüssiges Saumband o.ä. sucht man vergeblich. Verarbeitung und Qualität des Gesamtprodukts ist wie immer bei Flysurfer: Top. Erfahrene Tubekiter wundern sich anfangs vielleicht über die „vielen Leinen am Kite“, gewöhnen sich aber schnell daran, wenn sie den Kite erstmal fliegen.
Das neu entwickelte Ventil zum Befüllen des Tubes erleichert den Aufbau des Kites enorm. Ob es jedoch sein muss, dass man, um einen Boost zu starten, einen „Boost-Adapter“ für die Pumpe mit dabei haben muss, das ist schon mal eine Frage wert, auch wenn es sich um eine Kleinigkeit handelt. Wieso können nicht alle Tube-Kites mit einer Pumpe bedient werden? Die FS-Pumpe soll laut Beschreibung („Reduced Effort Device“) ein echter Schritt nach vorne sein. Unser Tube-Kite-Tester fand das nicht großartig bemerkbar.
Aufbau/ Abbau
Hier scheiden sich die Geister der Tester (was auch wieder einmal deutlich macht, wie sehr Testergebnisse auch von den Prägungen und Erfahrungen der Tester abhängen). Der erfahrene Tubekite-User jammerte etwas über zu viele Leinen, fragte sich, wie man den Boost zusammenlegt, wenn die Leinen noch angeknüpft sind und bekam die Luft aus den Enden der Tipps nicht richtig raus, so dass ein Packmaß entstand, das er als überdimensioniert empfand.
Man muss sich als Tubekite-User schon daran gewöhnen, dass man die Leinen einfach am Kite lassen kann. Die Technik des Zusammenrollens muss man etwas anpassen.
Der eingefleischte Flysurfer-Softkite-User wunderte sich über die wenigen Leinen, fand die Handhabung einfach und hatte nach der Verwendung der Pumpe wenigstens seine ersten Aufwärmübungen hinter sich (kleine Anmerkung zum Abbau: Den klassischen „Knall“, der beim Öffnen der Ventile bei Tubes immer hörbar ist, bietet der Boost nicht. Das breite Ventil sorgt beim Abbau für ein etwas entspannteres Geräusch).
Controllbar
Für den eingefleischten Flysurfer-Softkitefan ist die Boost-Bar eine typische, jedoch angenehm verfeinerte und insgesamt etwas leichter wirkende Weiterentwicklung der bisherigen Flysurfer- Controllbars. Der Tubekitebevorzuger fasst den ersten und zweiten Eindruck der Bar mit den Worten „griffig“, „angenehm in der Hand“ und „dreht bei Rotationen sauber aus“, insgesamt „sie ist TOLL!“ zusammen.
Barkräfte
Die Barkräfte werden von einem Tester als angenehm, jedoch größer als bei den Softkitegeschwistern Speed und Psycho aus derselben Schmiede und vom anderen Tester als „doch ziemlich stark“ beschrieben. Sicher hat das Empfinden der Barkräfte vor allem damit zu tun, was man dauerhaft von seinem eigenen am meisten geflogenen Kite als Vergleichswert kennt. Und, nicht zu vernachlässigen, Barkräfte werden auch von einzelnen Personen je nach ihrer körperlichen Kondition empfunden. Wirkende Barkräfte kann man mit technischen Mitteln sicher bis an die Grenze der Objektivierbarkeit messen, ausschlaggebend bleibt jedoch immer der individuelle Eindruck.
Kraft-/Druckentwicklung
Machen wir es an dieser Stelle mal kurz:
Tubekiteerfahrener Kitesurfer: „Kommt sofort. Bei Windlöchern nur kurz einlenken und schon kommt neuer Druck. Sehr angenehm. Würde allerdings gerne mal einen kleineren Boost testen.“
Softkiteerfahrener Kitesurfer: „Sehr flott, jedoch gut kontrollierbar und gut dosierbar.“
Power/ Depower
Der Adjuster ist der Freund des Kiters! Beim Boost gilt das ebenso wie bei seinen Geschwistern aus der Flysurfer-Familie. Um wie viel Prozent Zu- oder Abnahme durch einen gelösten oder angezogenen Adjuster es sich handelt, können die Tester nicht sagen. Dass das aber enorm und eben nicht nur marginal ist, das wird Jeder und Jede sofort merken, der/die den Kite fliegt. Wie gut, dass der getestete 15er damit eine weite Windrage abdeckt: Frischt der Wind also auf, kann man noch lange Zeit auf dem Wasser bleiben (genaue Messwerte nach oben konnten leider nicht gemessen werden, weil beide Tester noch mehr Wind vertragen hätten ...). Auch hier merkt man: Der Boost ist ein Flysurfer .... .
Lightwind
Das LW für „Low wind“ oder „Light wind“ in der Produktbezeichnung der 15er und 18er Boosts hätten die Marquardtsteiner sich eigentlich auch sparen können. Bei einem 15er oder 18er-Kite , der in seinem Gesamtkonzept dermaßen schlüssig und von seiner Produktqualität so gut aufgestellt ist, schließt doch so ziemlich jeder halbwegs erfahrene Kiter, dass es sich dabei um einen Kite handelt, der das untere Ende der Windrange bedienen soll und kann. Okay, vielleicht macht man sich bei einem 15er da noch Gedanken ... . Zudem sollte man nicht vergessen, dass Low- oder Lightwind-Kiten immer auch noch von weiteren Faktoren abhängig ist.
Normale andere Gegebenheiten (Brettgröße, Körpergewicht, Könnerstufe, ...) vorausgesetzt, kann der 15er das Lowend bestens bedienen. Wir sind den Kite auch bei schwächelnden und eben noch kurzzeitig nach unten abfallenden 10 Knoten gefahren. Und da ging noch was auf dem Wasser. Es ging eben auch wegen der auch in diesem wenig angeblasenen Zustand guten Ansprechbarkeit des Kites. Wenn bei Schwachwind in einem 15er noch gut Bewegung drin sein kann und der Druck fürs Gleiten oder für Kurzausflüge ohne Wasserkontakt ausreicht, dann nennt man das wohl „Lowend ausgereizt und alles rausgeholt“.
Die Frage, die ein Kitemagazin in diesen Tagen aufwirft, postuliert oder nonverbal suggeriert, ob denn die Firma Flysurfer sich mit dem Boost Konkurrenz ins eigene Haus holt, ist meines Erachtens zu vernachlässigen. Boost ist Boost und Softkite ist Softkite. Ja, soweit der Softkite-Fan das halbwegs neutral beurteilen kann (der Tubekiter hat sich dazu äußerst bis sehr zufrieden geäußert), geht so ein Speed 4 Lotus noch ein oder 2 Knoten länger oder früher oder .... anders los! Softkites fliegen anders. Anders, eben nicht bessser oder schlechter! Es ist aus meiner Sicht wenig sinnig, sich über ein oder zwei Knoten in die Haare zu kriegen und die Wahl eines Kites davon abhängig zu machen (da sollte man dann doch eher ein größeres Brett nehmen oder ein paar Kilo abnehmen, um das no wind oder low wind –Problem zu lösen). Zudem: Softkites fühlen sich anders an. Und sie bewegen sich auch anders. Und sie sehen anders aus. Und sie drehen, gleiten, fliegen anders. Tube und Soft-Kites bedienen zwei unterschiedliche Sportler- und Käufergruppen (und es ist zu bedenken, dass Softkite nicht gleich Softkite ist! Vielleicht sollte doch einmal eine soziologische Studie – wenn noch nicht geschehen – über den Unterschied zwischen Softkite- und Tubekitenutzern erstellt werden!). Jedoch: Der Boost fühlt sich wie ein Flysurfer an. Ist ja auch einer! ;) Aber selbst für einen Softkiter ist der Boost ein Flysurfer. Und das verdient Respekt!
Kurvenverhalten/Loops
Machen wir es mal wieder kurz:
Tubekiteerfahrener Kitesurfer: „Extrem schnell für die Größe. Dreht sauber durch.“
Softkiteerfahrener Kitesurfer: „Äh, Alter, ey, das knallt: Big bang BOOST! Kannte ich so noch nicht*! Hammer!“
* Weitere Anmerkung: „Na ja, vom Psycho kannte ich ähnliche Loops und Reaktionszeiten auf Steuerimpulse, jedoch fühlt es sich beim Boost echt anders an. Knackiger, klarer ....“
Hangtime/ Springen
Fazit des Tubekiteerfahrenen: „Ich würde ihn aus diesem Grund –wegen der Hangtime und des Sprungverhaltens- kaufen.“ Seine weiteren Ausführungen besagen, dass er beim Springen das Gefühl hatte, dass da immer noch was nach oben hin geht (im Sinne von „dieser Kite hat noch mehr Potential als ich gerade Können habe, um das Potential auszureizen“). Ergänzend erwähnt der Tubekiter, dass der Boost einen nicht unangenehm aus dem Wasser reißt, sondern zwar klar und direkt, jedoch vom Gefühl her angenehm von der Wasseroberfläche hebt, eine extrem lange Hangtime bietet und für eine Landung sorgt, die dem Abheben entspricht. Der Softkiteerfahren sagt: „Das ist ein Flysurferkite! Diese Hangtime liebe ich. Und das von einem Tubekite ... .“
Schlägt man in einem englischen Begriffslexikon nach, so lernt man, dass „to boost“ erklärt wird mit „to lift or raise by pushing from behind or below“. Der Boost hat seinen Namen verdient. Und das auf sehr angenehme zu erlebende Weise!
Design
... ist und bleibt Geschmacksache. Der eine Kiter (Tubekiter!) findet seine eigenen fast unifarbenen Kites schöner, der andere findet es auch mal ganz nett, dass es etwas bunter und gestalteter zugeht, vermisst jedoch das „Majestätische“ im Design, das er von anderen Flysurfer-Softkites kennt.
Restart
Kann von beiden Testern nicht wirklich beurteilt werden. Zu wenig getestet (einfach nicht daran gedacht .... ;( ).
Fazit
Man lese die obenstehenden Ausführungen und mache sich seinen eigenen Reim ;). Noch besser: Man suche ein Testcenter und nehme den Kite selbst unter die Lupe! Die Tester sagen, fast wie aus einem Munde ;): „Big bang: Boost!“