"Gebt ihr ihnen zu essen!"

Die Speisungswunder des Neuen Testaments sind vielen Leuten, zumindest was die wundersame Seite der Geschichten angeht, einigermaßen vertraut. Der Aspekt „Gebt ihr ihnen zu essen!“ dürfte einen gewissen Überraschungseffekt haben.

Hier die Geschichte aus Markus 6:

Und Jesus stieg aus und sah die große Menge; und sie jammerten ihn, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er fing eine lange Predigt an. 35 Als nun der Tag fast vorüber war, traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Es ist öde hier und der Tag ist fast vorüber; 36 lass sie gehen, damit sie in die Höfe und Dörfer ringsum gehen und sich Brot kaufen. 37 Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen! Und sie sprachen zu ihm: Sollen wir denn hingehen und für zweihundert Silbergroschen Brot kaufen und ihnen zu essen geben? 38 Er aber sprach zu ihnen: Wie viel Brote habt ihr? Geht hin und seht! Und als sie es erkundet hatten, sprachen sie: Fünf und zwei Fische. 39 Und er gebot ihnen, dass sie sich alle lagerten, tischweise, auf das grüne Gras. 40 Und sie setzten sich, in Gruppen zu hundert und zu fünfzig. 41 Und er nahm die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel, dankte und brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie unter ihnen austeilten, und die zwei Fische teilte er unter sie alle. 42 Und sie aßen alle und wurden satt. 43 Und sie sammelten die Brocken auf, zwölf Körbe voll, und von den Fischen. 44 Und die die Brote gegessen hatten, waren fünftausend Mann.


Die Geschichte  von der Speisung der 5000 ist eine von vielen Speisungswundern, die in der Bibel überliefert werden:

Das erste Speisungswunder erleben Adam und Eva im Paradies. Sie hatten einfach immer genug zu essen, denn da waren „Bäume mit Früchten (...) zur Speise“ (1.Mose 1,29) Unglücklicherweise haben die Beiden dann 1 x das falsche Lebensmittel in Fruchtform zu sich genommen ....


Dann gab es ein  Manna- Speisungswunder als das Volk israel  aus Ägypten befreit worden war und in der Wüste Hunger litt.
Zitat: „Da lag's in der Wüste rund und klein wie Reif auf der Erde. Und als es die Israeliten sahen, sprachen sie untereinander: Man hu? Denn sie wussten nicht, was es war. Mose aber sprach zu ihnen: Es ist das Brot, das euch der HERR zu essen gegeben hat.(2.Mose 16)

Manna kommt von „Man hu?“. Was ist denn das? Das fragen sich ja auch manche Kinder, wenn sie den Essensteller vor sich sehen ...

Wenn im NT auch Speisungswunder beschrieben werden, dann ist das also nicht etwas ganz Neues.

Der Gott der Bibel ist ein Gott, der für seine Leute sorgt.

Und weil Jesus Gott ist tut er auch das, was Gott tut. Er sorgt für die Menschen.

Im Rahmen des Speisungswunders wird von einer Predigt Jesu berichtet, Der Grund der Predigt Jesu: „„.... und sie jammerten ihn, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben!“  D.h. nicht, dass es sich um „verlorene“, schwarze oder bockige  Schafe/ Menschen handelte. Es sind un- oder unterversorgte Schafe. Die gehen Jesu zu Herzen.
Jesus ist – wie Gott – der Versorger!

Deswegen fängt Jesus eine lange (!) Predigt an.

Hier noch ein kurzer Hinweis auf Mt 4,4: Jesus spricht: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“

Jesus fängt also nicht mit einer Brot- oder Manna-Fisch-Party an, sondern mit dem, was auch „satt“ macht (interessant der synoptische Vergleich: In Lk.4,4 wird in den ältesten Handschriften nur der erste Teil des Bibelwortes, welches ein Zitat aus 5.Mose 8 ist, überliefert. Vielleicht wollte Lk damit in der Versuchungsszene Jesu die Worte des Teufels „Bist du der Sohn Gottes, so sprich zu diesem Stein, dass er Brot werde!“ mit noch weniger Worten ganz knapp vom Tisch wischen).

Jesus ist so in seine Predigt vertieft, dass die Jünger ihn darauf aufmerksam machen müssen, dass der Tag langsam zu Ende geht und die Leute sich auch mal etwas zu essen besorgen sollten. Jesu erste Reaktion: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Man könnte das so verstehen, dass Jesus die Situation so sieht, dass er für das „Wort Gottes“ und seine Jünger für das leibliche Wohl zuständig sind (der weitere Verlauf der Geschichte wird zeigen, dass Jesus die Ernährungsfrage durchaus selbst in die Hand nimmt).

„Gebt ihr ihnen zu essen!“: Jesus traut seinen wenigen Jüngern etwas Großes zu. Er traut ihnen die Versorgung/ Verpflegung von 5000 Menschen zu. Die wenigen schaffen das. Da ist Jesus sich sicher.

Manchmal treten Christen in einer echten oder auch gespielten Demut auf, die ihnen selbst und anderen vermittelt, dass sie selbst gar nichts und Gott/ Jesus dafür umso mehr tun kann. Von dieser Geschichte her kann dieses Verhalten oder denken nicht angeleitet sein.

Gott, und in seinem Sinne natürlich auch Jesus, traut den Menschen, traut seinen Leuten etwas zu. Auch an dieser Stelle setzt sich eine biblische Grundaussage durch: Gott vertraut seinen Leuten die Gestaltung des Lebens an. Sie können etwas tun. Sie können etwas leisten. Sie sind wer. So, wie Gott den ersten Menschen zutraut, dass sie verantwortungsvoll und bewahrend-bebauend mit der Schöpfung umgehen, genau  so traut Jesus seinen Jüngern damals zu, dass sie für die 5000 Menschen sorgen. „Ihr schafft das!“ „Ihr könnt das!“


Was hat Gott dir anvertraut?

Was kannst du?

Was hast du bisher geschafft?
Wo bist du gut?

Die Geschichte geht weiter: Die Jünger haben es nicht geschafft. Zumindest nicht allein geschafft. Jesus hat ihnen geholfen. So ist das bis heute. Jesus wird auch „der Helfer“ genannt. Jesus hilft den Menschen. In der Geschichte von der Speisung der 5000 sieht die Hilfe für die Jünger, denen er es eigentlich  zutraut, dass sie es selbst hinbekommen, so aus, dass er sich das wenige, das sie haben, geben lässt und dass er – auf unerklärliche Weise für eine Vermehrung sorgt.

„Und er nahm die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel, dankte und brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie unter ihnen austeilten, und die zwei Fische teilte er unter sie alle. 42 Und sie aßen alle und wurden satt.“ 

Wenn die wenigen Nachfolger das Wenige, das sie haben, Jesus zur Verfügung stellen, dann werden viele Menschen „satt“.
Und: Es bleibt sogar noch etwas übrig. In diesem Falle für die „Jerusalemer Tafel“ -„Und sie sammelten zwölf Körbe.“ Hier soll doch wohl nicht dem sowieso schon übergroßen Wunder (wie viele Brote und Fische werden wohl von 5000 Männern verspeist?) noch ein Plus von 12 Extra-Wunder-Körben verpasst werden. Die Zahl zwölf weist auf etwas „Vollkommenes, Ganzes, Fertiges“ hin. Wenn Jesus etwas in die Hand nimmt, dann wird die Sache „rund“.

Wie das Wunder geschehen ist, das ist überhaupt nicht von Interesse. Vielleicht sollten wir modern und wissenschaftlich geprägten Menschen den Blick wirklich ein wenig mehr darauf lenken, was diese Geschichte sagen will, welche Bedeutung sie hat.

Die Geschichte kann folgende Bedeutung haben:

1.Jesus traut uns, seinen Leuten, den Menschen viel zu: „Gebt ihr ihnen zu essen!“

2.Jesus sorgt dafür, dass aus dem wenigen, was wir haben, etwas Wunderbares für andere wird. 

und 3.  wenn wir mit Jesus unser Leben leben, dann werden wir merken, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt.


Dann werden wir erleben, merken, glauben, dass Jesus das „Brot des Lebens“ ist. 
Dann werden wir – im Sinne Gottes – „satt“ sein.