Pastor persönlich - August 2019

ppersoenlichDas Schluchzen war plötzlich da.

Es kam von tief innen. Die Tage und Wochen zuvor waren fast wie am Schnürchen verlaufen. 
Insgesamt war es aber doch wohl alles ein wenig zu viel gewesen… . 

Ich hatte mich von meiner Mutter verabschiedet, sie auf die Wange geküsst und mich umgedreht. Als ich mich, ohne mich noch einmal umzudrehen, auf der mir fremden Straße von ihr wegbewegte, kam das Schluchzen unvermittelt. Und mit ihm die Tränenfluten. 

Erst das Motorstarten des entleerten Umzug-LKWs übertönte die immer wiederkehrenden laut zutage tretenden Gefühle, die sich aus den Tiefen meiner Seele einen Weg nach draußen bahnten.

Man lässt seine gerade 80 Jahre alt gewordene Mutter nicht einfach so allein! Das macht man einfach nicht! Schon gar nicht, wenn man gemeinsam mit ihr knapp fünf wunderbare Jahre in einem Haus gelebt hat, nachdem man 35 Jahre lang weit voneinander entfernt gelebt hat. 

Meine Güte, was haben wir die gemeinsame Zeit in Oldenburg genossen. Und es hat so gut miteinander geklappt. Ein Träumchen. Und auch das Schwiegermutterding – kein Thema, eher im Gegenteil.

Meine Eltern waren 2015 von Wiesbaden nach Oldenburg gezogen. Unter unserer Wohnung war eine weitere Wohnung frei geworden. ‚Kommt doch nach Oldenburg, wie lange wir bleiben, das wissen wir nicht, aber es lohnt sich schon …!’. 


Mein Vater ist nur gut zwei Jahre geblieben. Er ist weitergezogen. 
Bestimmt hat auch er im Laufe seines Pastorenlebens einmal über den Bibelvers ‚Wir haben hier keine bleibende Stadt …’ aus dem Hebräerbrief gepredigt. Er weiß jetzt, wie es ‚woanders’ ist. 

Meine Mutter wohnt jetzt auch ‚woanders’. Nein, himmlisch ist es nicht, aber ziemlich nah dran. Ich/wir haben unser Bestes gegeben, dass es optimal für meine Mutter ist. Wir haben in der Stadt, die sie sehr gut kennt, in der ihre beste Freundin lebt und in der sie viele viele Bekannte und auch ein paar Enkel und einen weiteren Sohn hat, ein Haus gefunden, das einfach nur vom Feinsten ist. Beste Lage, alles ideal zu Fuß zu erreichen, groß, super in Schuss, Idealgarten dabei, ebenerdig, … . 

Nix da, von wegen Mutter ins Pflegeheim abschieben! Alles vom Feinsten. Und dann haben wir ihr zum 80. Geburtstag Anfang Juli auch noch einen Mähroboter – sie nennt ihn ‚Otto’ – geschenkt. Wenn er aus seinem Häuschen ist, dann ist sie es auch. Total begeistert ist sie von diesem Ding. Meine Mutter ist mit ihren 80 Jahren dermaßen fit, dass ich nur stolz sein kann (ist ja eigentlich Quatsch, stolz auf die Gesundheit der Mutter zu sein …., aber irgendwie finde ich sie den Hammer, bin dankbar und froh, dass sie äußerlich und innerlich so mobil ist).
Als die Veränderungen konkret anstanden, hat sie entschieden, was sie möchte. Hamburg, Oldenburg und Leer standen zur Wahl. Mit Leer hat sie wohl ins Volle getroffen, so, wie es momentan aussieht.
Also: Einfach alles gut, sogar sehr gut, was die neuen Gegebenheiten angeht.   …. und doch war und ist da dieses Schluchzen. Manchmal kommt es noch einfach so. Wenn ich an meine Mutter denke. 

35 Jahre lang haben uns 400 oder 550 Kilometer getrennt. Dann, wie die ersten 19 Jahre meines Lebens, für knapp fünf Jahre nur die paar Zentimeter einer Zimmerdecke. Und jetzt sind es plötzlich wieder 250 Kilometer.

Kann ja sein, dass jedem Anfang ein Zauber inne wohnt (darüber demnächst ein paar Zeilen).

Dem Abschied von meiner Mutter wohnen etliche Schluchzer inne.