Weser Kurier/ Wümme Zeitung
Kirche im Kofferraum
Einweihung der ersten aufblasbaren Kirche Deutschlands
Von unserer Mitarbeiterin
Sabine v. der Decken
LILIENTHAL. Diese Kirche bleibt nicht im Dorf, denn so handlich wie sie ist, kann man sie in jedem Kofferraum verstauen. Pastor Carsten Hokema entlud am Sonntagnachmittag den Kofferraum seines Autos, um die heiligen Hallen aus Plastik und Stoff auf dem Motorschirmplatz an der Lilienthaler Allee aufzubauen. Innerhalb von etwa zehn Minuten entstand aus einem Haufen von Stoff, Kunststoff und vielen Schnüren die Luftröhrenkirche auf der grünen Wiese. Sie ist quadratisch, praktisch, gut und besitzt neben dem Kirchenschiff auch einen sechs Meter hohen Kirchturm.
Hokema gestand, dass auch er den Traum vieler Pastoren, einmal im Leben eine Kirche zu erbauen, träumte. Im Gegensatz zu seinen Kollegen erfüllte er sich diesen Traum mit einer genialen Idee. Er verband sein Hobby, den Kitesport, und seinen Beruf als Pastor miteinander. In Zukunft sind Pastor und Plastikkirche auf den Drachenfestivals im norddeutschen Raum zu finden. Hier bläst der Pastor aus Oldenburg die Kirche aus Luftröhren auf und bietet neben Gesprächen für jeden Kite-Sportler oder Fan einen heißen Kaffee an. Neben der geistigen Nahrung verleihen die Mitglieder von ewigKITE.de kostenlos Drachenmaterial und schulen Anfänger und Interessierte im Umgang mit Deltadrachen und Powerkites.
Rolf Hirsch, praktizierender Christ mit dem Hobby Kitefliegen, bot auf der Wiese an der Entlastungsstraße im Rahmen des Einweihungsfestes Flüge mit dem Motorgleitschirm an. Windstärken von etwa drei Beauforts machten nicht nur das Fliegen etwas schwierig, auch die Plastikkirche musste ordentlich festgezurrt werden. Trotz alledem öffnete Pastor Hokema die "Türen" seines Gotteshauses, um hier ein Gebet zu sprechen und zum Kaffee einzuladen. Er dankte den Mitgliedern der Lilienthaler Philippusgemeinde für den am Vormittag stattgefundenen Gottesdienst.
In der Verbindung zwischen Kitesport und Christentum sieht Hokema, der mit Drachen und Kirche unterwegs sein wollte, eine direkte Verbindung zwischen Himmel und Erde. Das hebräische Wort für Wind, der am Sonntag kräftig blies, beinhaltet auch die Bedeutung "Geist", so der mobile Pastor.
Idee der aufblasbaren Kirche sei es, die Kirche zu den Menschen zu bringen. Diese Idee vertrat bereits vor 150 Jahren Johann Wilhelm Wichern, der bereits damals von einer kleinen handlichen Kirche träumte. Hokema betonte in seiner Kirche aus Plastikluftröhren mit Spinnakerbespannung, dass nicht der Ort entscheidend sei, um eine kirchliche Atmosphäre entstehen zu lassen. Auch wenn dieser Kirche die Luft ausgehe, blieben doch die christlichen Inhalte bestehen, so der seit zehn Jahren überregional arbeitende Pastor. Eine große Orgel oder ein imposanter Altar sind für den Pastor ebenso verzichtbar wie ein festes Gotteshaus.
Rein theoretisch kann Hokema in der 30 Quadratmeter großen, aufblasbaren Kirche auch Trauungen und Gottesdienste vornehmen. Mit dem Fliegengewicht von etwa 30 Kilogramm und dem unproblematischen Aufbau fiel der Umzug der heiligen Hallen nicht schwer. So bereicherte die Plastikkirche auch nur am Sonntagnachmittag das Ortsbild von Lilienthal, da die Kirche und der Pastor während der Sommermonate von einem Drachenfestival zum nächsten touren.
Im Winter überholen Hokema und sein Team die Stoffkirche, damit sie Wind und Wetter gut übersteht.
Anm. von ewigkite.de:
Wenn die Kirche von ewigkite.de in diesem oder anderen Artikeln als "erste aufblasbare Kirche" Deutschlands bezeichnet wird, so ist dies nicht zutreffend. Genau genommen ist es die zweite aufblasbare Kirche. Gegenüber der "Inflatable Church", die aus England kommend mittlerweile in Thüringen betrieben wird, ist die ewigkirche eher klein.