16.Oktober: Obstberg

Vor ein paar Wochen kam ich fünf Tagen endlich wieder in meine heimatlichen vier Wände zurück. „Hallo, ist jemand zuhause?“ Enttäuscht war ich schon, dass niemand auf mich wartete.

Na ja, ein Kind ist schon ausgezogen, die anderen sind vermutlich in der Schule und meine Frau arbeitet ja auch. Aber Salman könnte da sein.

Ich suchte ihn, ging in die Küche und mein Blick fiel auf einen fein säuberlich aufgetürmten Obstberg, an dem ein Zettel angebracht war: „Hallo, ich habe für euch Obst gekauft, ihr könnt das gerne essen.“ 

Ich lächelte, war gerührt und biß herzhaft in einen Apfel.
Dann  schrieb ich eine Whats App an alle Familienmitglieder.
Salman antwortet zuerst.

Mittlerweile wohnt Salman, er kommt aus Afghanistan, seit einem halben Jahr bei uns. Den Obstberg hat er uns mitten im Fastenmonat Ramadan geschenkt. Er selbst hat – zumindest tagsüber – nichts davon angerührt. Seit seinem 18.Geburtstag wohnt er im freigewordenen Zimmer  unserer ältesten Tochter.

Er beschenkt uns von seiner weniger Sozialhilfe nicht nur mit Obst. Sein selbstgekochtes Essen (das für uns manchmal noch immer gewöhnungsbedürftig ist) teilt er ebenso gerne. Und unbezahlbar sind sein Humor, seine Ehrlichkeit und seine Bemerkungen zu unserem Deutschsein. Und zu unserem Christsein.

Wir haben es natürlich nicht nur einfach mit ihm. Und er nicht mit uns.  Wie in einer ganz normalen Familie eben.

„Darf ich das im Radio erzählen, dass ich mich über dein Ramadanobst gefreut habe?“
„Aber klar, wir sind doch alle Menschen, oder nicht?“