12. Mai
Gestern um 18 Uhr ging es los. Eine Gewalttour von Oldenburg bis Nürnberg. Knapp 700 Kilometer. Der Abschied fiel mir schwer, wissend, dassich über eine Woche meine Liebsten nicht sehen werde. Janne, Rike, Enno und vor allem Stine sind mir in den vergangenen Wochen und Monaten neu und auch intensiver ans Herz gewachsen.Ich mache mir Gedanken ums „Wesentlicher werden“.
Und da merke ich, wie wesentlich mir die wesentlichsten Menschenmeines Lebens sind. Tränen beim Abschied.
Nach 100 Kilometern hatte ich mich dann auf andere Gedanken gebracht. Mit Hilfe eines Hörbuchs. Für solche lange Fahrten suche ich mir meistens kurz vorher Hörbücher aus. Nicht das literarische Niveau, sondern das Verhältnis von Laufzeit und Preis zählt. 7 Stunden 42 Minuten für 3,99 Euro. Das reicht bis München. Und ist diesmal sogar literarisch hochwertig. Zumindest in meiner Beurteilung.
Nachts um 1 dann ranfahren. Zähne putzen, Klamotten im Auto zusammenschieben, Klappmatratze ausklappen, Penntüte entfalten und von 1 bis 6 auf einer wenig romantischen Raststätte im Dienstwagen übernachtet. Man spart ja für den BEFG. Dienstwagen ist Dienstzimmer ist Dienstübernachtungsmöglichkeit. Die nächsten drei Nächte werde ich allerdimngs in einem von einem Kollegen kurzfristig freigegebenen Hotelzimmer, im Massenquartier der GemeindeMünchen (Klappmatratze, die 2.), dann in einem Hotelzimmer, das ich als Mitwirkender vom ÖKT bekomme, schlafen.
Kurz nach 6. Die erste ÖKT-Begegnung. Ich komme, die erste Papptasse Kaffee in der Hand, das Handtuch über der Schulter, die Zahnbürste in der Hosentasche, aus der Raststätte und treffe auf eine Horde Pfadfinder. Das müssen Helfer für München sein. Ja, kein Zweifel, sie tragen das Halstuch des vergangenen Kirchentages aus Bremen „Mensch, wo bist du?“. Ein morgendliches Lächeln huscht über mein Gesicht. Wie gut, dass es Pfadis gibt. Sie werden sich wieder den Rücken krumm, die Hände schmutzig und die Münder voller Fusseln machen, wenn sie den gut 100 000 ÖKT-BesucherInnen einen möglichst angenehmen Aufenthalt verschaffen wollen.
Noch gut eine Stunde bis München. Direkt vor mir rollt auf der vierspurigen Autobahn auf der linken Fahrbahn ein Passat aus. Warnblinkanlage. Ich habe Schiss, dass mir einer hinten drauf rast. Ich will helfen – wenigstens 1 x Pfadfinder sein! - , aber der gute Mann will lieber den ADAC rufen, als sich von einem Möchtegernpfadi abschleppen zu lassen. Dann muss ich wohl meine Augen für eine weitere gute Tat noch offen halten.
Ankunft in der Holzstr., wo ich die Aufblasbare Kirche abgeben werde. Ich habe noch drei Stunden Zeit. Zweite ÖKT-Begegnung. Ich stelle den Motor aus und im DLF beginnt ein Interview zum ÖKT mit ….. . Die Kirche und die Kirchen stehen im Kreuzfeuer.Die Befragte antwortet klasse. Sie verharmlost die Verbrechen der Kirche nicht und weistauf das heutige Wort des Papstes hin, der gesagt hat, dass die größte Versuchung und Sünde aus den Reihen der Kirche selbst kommt. Keine Verharmlosung. Kein Schönreden. Schonungslose Offenheit. Das, was man sich eigentlich immer von Kirchenmenschen wünscht. Und dann Worte zu Christus. Zu dem, der Hoffnung macht, die nicht schönfärberisch ist. Worte zumchristlichem Lebensstil. Zur Fehlbarkeit und Sündigkeit von Christen.
Worte der Vorfreude auf das größte Christentreffen seit 2003. Meine Gedanken gehen kurz zurück zum ersten ÖKT. Ich war dabei. Und bin bis heute dankbar dafür. Carrera-Rennbahn, Papstmobil gegen Warthburg.Schön war‘s.Und ich freue mich auf einen zweiten ÖKT, der sicher belasteter ist als der erste, der aber wieder ein Meilenstein im Miteinander der Konfessionen sein wird. Denn in der Bedrängnis rückt man bekanntlich zusammen. Auch Christen.